Hallo zusammen!
Anlass dieser kleinen Wanderung durch das Rothaargebirge war die erste "Mehrtagestour" mit meinem älteren Sohn.
Mein Großer steht, zu meinem Leidwesen, auf Berge und wir haben die ganzen 600er in der direkten Umgebung mittlerweile mehrfach abgegrast, wobei die Frage aufkam, ob es hier in der Umgebung noch höhere Berge gibt und ob man da auch mal hin kann. Der bekannteste Berg innerhalb fußläufiger Distanz den das Rothaargebirge vorzuweisen hat ist natürlich, der Kahle Asten mit 842m. Der Kahle Asten ist von unserem Haus so ca. 60km entfernt was wir auf drei mal 20km hätten teilen können. Mein großer ist zwar für sein Alter sehr sportlich aber eben auch erst sechs Jahre alt, wodurch mir dies dann doch etwas viel erschien. Außer dem wollten wir noch zur Wisent Wildnis, welche relativ dicht am Weg liegt, und wären bei 3x20 erst nach Ende der Öffnungszeit eingetroffen bzw. hätten dort zu wenig zeit gehabt. Also haben wir etwas mit der Bahn abgekürzt womit wir immer noch bei etwas über 50km Wegstrecke und zwei Übernachtungen wären.
Vom Bahnhof gelangen wir relativ schnell zum Rothaarsteig, dem wohl bekanntesten Wanderweg der Region. Den Rothaarsteig mag ich eigentlich nicht, weil er teilweise sehr gerade, sehr breit und etwas auf Kommerz ausgelegt ist, aber er ist leicht zu gehen und dermaßen reich beschildert, dass man sich niemals verlaufen kann.
Die erste "Landmarke" welche wir uns gesetzt haben ist die Ferndorfquelle, an der wir nochmal Wasser nachfüllen.
Der nächste signifikante Punkt auf der Karte ist der Riemen und für uns Siegerländer natürlich ein muss. Die Beschilderung ist derart lückenlos , dass der Große die Navigation schon alleine übernehmen kann.
Kurz darauf... Der ehrfurchtgebietende Gipfel des Riemen. Hier kippt das Wetter nun auch langsam von vereinzelten Schauern, hin zu stärker werdenden Dauerregen. Im Wetterbericht war lediglich von leichten Regenschauern die Rede, was allerdings ziemlich daneben lag. Weil es wenige Tage vorher noch richtig heiß war und nicht viel regnen sollte waren wir eher leicht und atmungsaktiv bekleidet.
Ab hier bleibt man die meiste Zeit am Höhenkamm.
Nun versucht mal einem Kind zu erklären , welches sich autodidaktisch vor der Einschulung lesen beigebracht hat warum bei Herr n das e fehlt.
"Leichter Regen" mit 30% Niederschlagswahrscheinlichkeit setzt ein, wodurch der Weg zu einem Sturzbach wird.
Langsam wird es zur Regel, dass immer wenn wir unterwegs sind wir nach ein paar Stunden völlig durchnässt sind. Der Große findet diesen Umstand mittlerweile einiger Maßen normal und beschwert sich nicht großartig darüber, dass die Turnschuhe voller Wasser sind. Richtige Wanderschuhe gab es bei uns im Sportgeschäft erst in Größe 30. Meine "Sommer Wanderschuhe" waren hier aber auch schon abgesoffen.
Irgendwann hört es auch mal wieder auf zu regnen und es folgt eine recht ansehnliche Taletappe.
Das Schwarzbachtal wurde in den 90ern renaturiert. Mein Großer will das Wasser aber nicht trinken weil es zum einen durch den heftigen Regen etwas erdig schmeckt und zum andern hat er in dem Infobuch gesehen, dass es hier Neunaugen geben soll was dieses Wasser generell völlig ungenießbar macht.
Wieder am Höhenkamm angelangt erreichen wir den Rhein Weser Turm, eine 60er Jahre Fassung des Auge von Mordor. Bis hier sind wir trotz widriger Umstände gut vorangekommen und haben sowohl unseren Strecken- als auch Höhenrekord gebrochen. Ich wollte den Rhein Weser Turm eigentlich nutzen um neunaugenfreies Wasser aufzunehmen, ein wenig Müll zu entsorgen und vielleicht ein paar Pommes zu essen. Logistik eben. Mal auf den Turm steigen und runter gucken wäre auch ganz interessant gewesen. Allerdings hatte die Bude Betriebsferien, was der Moral einen kleinen Dämpfer gegeben hat.
Das Wetter wird auch schon wieder schlechter und wir schleppen uns durch eine dichte nasse Wolken, Nebel, Regensuppe weiter.
Nächste Wegmarke- Margaretenstein. So langsam wird es Abend und die Luft ist raus. Normal wollte ich hier für Heute Feierabend machen. Dadurch, dass der Rhein Weser Turm zu war, haben wir aber ein kleines Wasserproblem. Wobei es hier eigentlich genug kleine Bäche und Rinnsale gibt aus denen man Trinkwasser entnehmen könnte, allerdings hat der starke Regen viel Schlamm und Lehm in die kleinen Bäche gespült was das Wasser ziemlich ungenießbar macht. Die nächste Quelle auf der Karte entpuppt sich leider auch nur als Schlammpfütze weswegen wir uns Notgedrungen auf den Weg zur nächsten größeren Quelle machen.
Kurz vor der der Quelle kommen wir zur Schutzhütte Potsdamer Platz, welche relativ groß, trocken und sauber ist. Regen und Wind sind inzwischen wieder heftig und das umliegende Gelände ist sehr Strauchig und Steil weswegen ich nicht lange überlegen muss wo wir in dieser Nacht campieren. Andere Wanderer haben wir, dem Wetter sei dank, lange nicht mehr gesehen, weswegen ich mir kaum Gedanken mache von irgendwem behelligt zu werden.
Noch 300m weiter zur Sombornquelle, alle Behältnisse auffüllen und dann...
... schnell zurück zur Hütte, raus aus den nassen Schuhen und Socken und was warmes Essen und Trinken. -
- Und danach ganz schnell in den Schlafsack.
Das Innenzelt passt zum glück genau in die Hütte. Heute waren es mit allen Umwegen irgendwas jenseits der 21km bei miesem Wetter. Das hätte ich in dem Alter niemals geschafft.
Am nächsten Morgen schläft einer ganz lange.
Dadurch, dass wir am Vortag weiter gekommen sind als geplant war, ist es nun nicht mehr weit bis zum Wisentgehege. Leider führt der weg dorthin über einen schmalen Pfad, gesäumt von nassem Grass, was die ohnehin noch nassen Schuhe und die frisch getrockneten Hosen wieder vollends durchweicht.
Wir sind pünktlich zur Öffnungszeit am Gehege. Hier führt ein "Geländepfad" auf einem drei Kilometer langen Rundweg durch ein sehr großes Wildgehege in dem sich eine Wisentherde befindet, man muss die Viecher schon ein bisschen suchen. Eine zweite Herde wurde, vor Jahren, in der Nähe ausgewildert.
Wir haben leider Pech, und der Tierpfleger hat die Tiere gerade mit Leckerlies in dieses runde Dings gelockt um irgendwas nachzusehen und die gehen da auch nicht mehr weg, weswegen wir die Herde nur aus der Entfernung sehen.
Die drei Kilometer Runde durch das Gehege hat sich ziemlich gezogen und der Große hat ein Tief, weil der vorherige Tag ziemlich lang war. Aber in der Wisenthütte kann man auch essen. Wir bestellen zweimal das Prunkstück der deutschen Gastronomie - Schnitzel mit Pommes. Und man kann ja von einfacher Küche halten was man will; Nach einem langen Tag im Wald ist das richtig gut.
Um hier mal Napoleon zu zitieren: "Einen Armee marschiert auf ihrem Bauch!" Und mit Kindern verhält sich das ganz ähnlich.
Überdies verfügt die Wisenthütte auch über ein sauberes WC was dazu einlädt sich möglichst gründlich zu defäkieren, bevor man sich bei Wind und Nieselregen ins nasse Unterholz zurück ziehen muss.
Als wir die Wisenthütte verlassen bessert sich endlich das Wetter und die längst in Vergessenheit geratene "Sonne" kehrt zurück, was zusammen mit der üppigen Mahlzeit schnell neuen Schwung in unsere Unternehmung bringt. Als wir den Weg zurück zum Rothaarsteig gehen, sehen wir plötzlich einen Nandu??? Genau genommen eine Nandu Mutter welche verzweifelt nach ihren zwei gut getarnten Küken ruft, welche durch einen Elektrozaun von ihr getrennt sind. Aber ich verstehe auch nichts von der Nanduzucht. Erst Wisente dann Nandus, das glaubt uns doch keiner.
Der nächste wichtige Wegpunkt ist die Millionenbank. Hier teilt sich der Rothaarsteig in eine Tal und eine Kammetappe. Der Große will Berge, als hätte er nicht genug, also ist die Entscheidung schnell getroffen. Und wir beginnen nach kurzer Pause den Aufstieg zu den ersten 700ern auf unserem Weg.
Der Aufstieg zum Groß Kopf auf 740 Meter ist nicht sonderlich steil dafür aber lang, ohne Schatten, zermürbend und wie so oft sehr geradlinig. Hier muss ich schon mal ein bisschen antreiben damit es weiter geht. Weniger weil der Akku leer ist, sondern eher weil der Weg ermüdend ist. Wenigstens sehen wir ein paar Rehe und der Große ist stolz diese vor mir entdeckt zu haben.
Gegen Mitte der Kammetappe kommen dann wieder ein paar schönere Abschnitte.
Ein Hingucker auf dem Weg ist natürlich die Hängebrücke, welche aber leider kaum einen erkennbaren Sinn erfüllt, da sie das Tal ganz am Ende überspannt und man auch einfach den Wanderweg weiterlaufen kann um ans andere Ende zu gelangen, was geschätzt 150 Meter mehr sind. Zum Rothaarsteig gehört die leider auch nicht wirklich, der führt in eine andere Richtung weiter. Aber ja, es ist eine lustige Spielerei und wir hatten unseren Spaß damit.
Ein Stück weiter schneidet sich der Rothaarsteig mit dem Skulpturenpfad auf dem ... nun ja .. große Dinger zu bestaunen sind. Das erste hier fand ich noch ganz cool weil es sich mit Holz und Stein ganz gut in die Natur einfügt.
Das zweite nun ja, ist aus Stahl und sieht eher aus wie vom Schrottplatz. Ich bin generell kein Mensch der sich für abstrakte Kunst erwärmen kann. Es drängt sich mir die der Gedanke auf was das gekostet haben mag, und ob es ok ist so viel Geld für Blödsinn auszugeben während wo anders Leute am hungern sind.
Aber es soll ja keiner sagen, dass mir kein kreativer Geist innewohnt. Es ist schon Abend der Große hat keine Lust mehr und muss aus den nassen Schuhen raus. Mit der Extrarunde bei den Wisenten sind es heute wieder knapp zwanzig Kilometer gewesen. Also beschließen wir dieses Mahnmal sinnloser Materialverschwendung wenigsten mit irgend einem Nutzen zu erfüllen und lassen uns hier für die Nacht nieder. Der Stahlblock ist immerhin sauber, trocken und absolut feuerfest und die Wiese rundherum ist schön eben. Wir warten bis die letzten E Biker durch sind und bauen dann das Zelt auf.
Quadrate mit Pyramide - eine Symphonie der Geometrie.
Ob wir es zum Kahlen Asten geschafft haben seht ihr im nächsten Teil. Ich muss hier leider trennen damit der Beitrag nicht zu lang wird- bis dahin