Als kleiner Vergleich zum afrikanisch/ asiatischen Grabwerkzeug, und weil es mich selber interessiert hat, hier nun ein Wurzelstecher in der traditionellen Bauweise.
Beim Ausgangsmaterial handelt es sich diesmal um ein Stück c45 Vergütungsstahl 16mm rund. Flachmaterial wäre sinniger gewesen aber Rundmaterial bekommt man wesentlich leichter und auch günstiger.
Überdies ist Rundmaterial ziemlich universell zu allen anderen Formen umformbar. Warum c45? C45 wird von vielen aus der "Messerecke" als Billigstahl betrachtet aber c45 ist einfach DER Stahl der, ein bisschen von allem kann und deswegen in der Welt der Werkzeuge omnipresent. Für unseren Wurzelstecher ist er geradezu ideal weil er , mehr zäh als hart, auch den derben kontakt mit Steinen verzeiht ohne zu splittern, dabei aber dennoch eine hohe Festigkeit aufweist.
Als erstes habe ich den Rundstahl etwas quadratisch zugespitzt und mit dem "Guillotinen- Tool" etwas abgesetzt.
Danach wird der vordere Teil zu einer "Blattform" flachgehämmert -
- wobei man von der Mitte weg arbeitet um dort einen gewissen "Steg" stehen zu lassen. Das so von Hand zu schmieden kostet schon ein wenig Körner und dauert auch einen Weile.
Dann ist ein großes Unheil geschehen - Als ich nämlich am darauf folgenden Tag weiter machen wollte hatte meine Frau das Speichermedium aus der Kamera entwendet und ist damit zur Drogerie, Bilder ausdrucken, gefahren.
Sorry- mich ärgert das sehr euch hier die interessantesten Schritte als Schmierzettelpiktogramm zeigen zu müssen, aber das Eisen war schon im Feuer und da konnte ich nicht warten bis die Teuerste wieder aufkreuzt.
Also - Die Schultern werden etwas Kegelförmig abgesetzt. Dann wird das Werkstück auf die erforderliche Länge gekürzt und die Tülle wird ausgearbeitet. Dabei ist es ganz wichtig den Stahl mit der Hammerfinne möglichst weit auseinander zu fächern. Wer hier mit der flachen Hammerseite anfängt bekommt nicht genug Breite heraus um die Tülle hinterher zu schließen. Das Problem dabei ist, dass man den Stahl sehr dünn austreiben muss, was leicht dazu führt, dass dieser reist oder verbrennt. Hier muss man ständig genau die Temperatur im Auge behalten.
Dann braucht man ein Rundnegativ, oder wie hier so eine Winkelform. Die Speicherkarte habe ich den Tag erst spät wiedergesehen also versuche ich mal die nächste Schritte am fast fertigen Werkstück zu demonstrieren.
Auf dem Winkeleisen biegt man nun erst die Tülle so weit ein, dass man sie vorsichtig in eine Runde form hämmern kann. Für die endgültige Form hämmert man die Tülle nochmal über dem Ambosshorn oder einem Runddorn.
Auch das Blatt wird auf dem Winkeleisen in eine leichte Löffelform gehämmert.
Nun wieder in Echtzeit. Das Werkstück nach dem schleifen und Griff anpassen. Die Tülle ist etwas seltsam geraten, normal sollte der schlitz schön mittig verlaufen, aber ich habe sowas lange nicht mehr gemacht. Da sollte ich eventuell nochmal etwas Basic´s üben. Der Funktion schadet das aber nicht. Wer mehr Material hat kann die Tülle auch überlappen, oder wer richtig angeben will auch verschweißen. Wobei dies bei so kleinen Werkstücken nicht wichtig ist. Außerdem ist das verschweißen von so dünnem Material äußerst kritisch, weil diese leicht überhitzen und verbrennen.
Was noch fehlt ist die Wärmebehandlung. Dazu wird das Werkstück zunächst mehrmals normalisiert um Spannungen welche beim umformen entstanden sind zu minimieren. Gehärtet werden nur die Spitze und die Kanten. Dazu benötigt man schon ein gewisses Geschick weil man alle Seiten vorsichtig eindippen muss bevor sie nicht mehr glühen. Durch die restwärme aus der Mitte wird der Stahl gleichzeitig angelassen. Man kühlt die Kanten und die Spitze quasi immer abwechselnd bis nichts mehr glüht. Das ist natürlich eine sehr schnelle und ungenaue Variante der Wärmebehandlung und funktioniert auch nur mit einfachen Stählen wie C45. Man hätte auch das ganze Teil herkömmlich härten und anlassen können aber ich wollte den Hals und die Tülle ungern mit härten weil an solchen Stellen immer eine hohe Riss/ Bruchgefahr besteht. (Überdies fand ich die Methode cool und wollte die mal austesten)
Und da ist er nun, mit brutal scharfen und verschleißarmen Kanten. Der deutsche Wurzelstecher. Bereit den Kletten und Löwenzähnen den Krieg zu erklären.
Was die Penetrationswirkung anbelangt ist der natürlich unübertroffen. Damit könnte man auch Konservendosen und Autotüren öffnen, allerdings würde ich sagen ,dass die afroasiatische Variante mehr Biege und Hebelbelastungen abkann. Der Übergang vom "Hals" zu Tülle ist hier der klare Schwachpunkt, was aber für die vornehmlich stoßende Belastung keine Rolle spielt.
Wer nun denkt das Ding sieht aus wie eine Speerspitze, der hat Recht - Technisch sind die Unterschiede zwischen Speer/Pfeilspitz, Hohl/Stechbeiteln und noch ein paar anderen Werkzeugen mit so einer Tülle relativ klein. Nur die Ausformung der Spitze gestaltet sich immer etwas anders.
Aus ökonomischer Sicht hat die Afrika- Variante ganz klar die Nase vorn. Ich schätze schon allein bei der Wärmebehandlung hätte ich so einen fertig gehabt und dann noch zwei beim ausarbeiten von Tülle und Blatt. Macht also ein Fertigungsverhältnis von ca. 1/3 wobei das Grabwerkzeug aus Baustahlrohr auch nicht viel schlechter, in mancher Hinsicht vielleicht sogar besser ist. Dazu kommt die hohe Differenz im nötigen know how welches zur Anfertigung dieser beiden Werkstücke erforderlich ist.
PS: Ich brauch mal so ´ne kleine Drechselbank die Griffe gefallen mir nicht