Hallo zusammen,
ich denke die Dreier-Regeln (original aus dem englischen "Rule of Threes") sind bekannt, aber scheinbar wurde das hier noch nie behandelt, jedenfalls habe ich nichts dazu gefunden.
Für mich sind die eine essenzielle Eselsbrücke, die ich vor jeder Tour durchgehe. Ich werde die mal so vorstellen, wie ich sie verinnerlicht habe und ich das Konzept verstehe.
Bei den Dreier-Regeln geht es um die Überlebensprioritäten. Wie lange kann man was überleben bevor der Exodus eintritt. Die Regeln helfen bei der Vorbereitung auf Notlagen und bei der Entscheidungsfindung in Notsituationen.
Die Regeln lauten:
- Du kannst drei Minuten ohne Atemluft überleben.
- Du kannst drei Stunden ohne Unterschlupf überleben (in einer rauen Umgebung, bei extremer Hitze oder Kälte).
- Du kannst drei Tage ohne trinkbares Wasser überleben.
- Du kannst drei Wochen ohne Nahrung überleben.
- Du kannst drei Monate ohne Hoffnung überleben.
Drei Minuten ohne Atemluft
Ich denke das ist klar. Wenn ich durch z. B. Rauch oder Wasser keine Luft bekomme, bin ich schnell tot. Viele Reflexe und Automatismen treten im Erstickungsfall in Kraft, die mir schnell sagen was zu tun ist.
Drei Stunden ohne Unterschlupf
Ich finde das ist ein sehr komplexer Punkt. Wenn nicht durch extreme Temperaturen das Leben direkt bedroht wird, ist es für die mentale Verfassung wichtig warm und trocken oder nicht der brütenden Sonne ausgesetzt zu sein oder einfach Schlaf und Erholung zu erhalten. Ich überlege immer habe ich alles für ein passenden Unterschlupf oder Wetterschutz dabei. Das schließt Übernachtungsausrüstung und Bekleidung ein. Bei den Alpenüberquerungen hatte ich beispielsweise, in Kombination aller Ressourcen, alles dafür dabei, um ein Notbiwak auf 3.000 m machen zu können.
Drei Tage ohne trinkbares Wasser
Eines der wichtigsten Punkte. Klar drei Tage hören sich viel an, aber der Weg bis dahin ist lang und wahrscheinlich ist man vor dem Tod schon nicht mehr in der Lage zu Handeln und das schon nach 24 Stunden. Kreislaufprobleme und kognitive Ausfälle treten sehr schnell ein und dann ist es schwierig noch gute und richtige Entscheidungen zu treffen. Auf Touren trinke ich vor Antritt sättigend viel und habe immer 2 Liter Wasser dabei. Wenn man nicht auffüllen kann, ist das ganz schnell zu wenig. Bei einer 30 km Hochtour habe ich keine Möglichkeit zum Nachfüllen gehabt und erst kurz vor dem Tagesziel habe ich was gefunden. Da waren 2 Liter kein Luxus, zumal den ganzen Tag T-Shirt-Wetter war.
Drei Wochen ohne Nahrung
Seit ich Heilfasten mache sehe ich diesen Punkt weniger drastisch als früher, da ich für mich gelernt habe, wie mein Körper auf Nahrungsentzug reagiert. Es ist erstaunlich wie lange der Körper ohne Nahrung auskommt und wie leistungsfähig man bleibt. Deswegen steht dieser Punkt auch fast am Ende. Ich denke die drei Wochen können je nach Ausgangs-BMI und auch mit Unterversorgung deutlich gestreckt werden. Hunger beeinträchtigt den mentalen Zustand sehr, aber ich finde nicht so sehr wie Durst. Wenn man wenig isst, bleibt die Verdauung in Gang und eine natürliche Darmentleerung findet statt. Isst man jedoch nichts, muss man alle zwei Tage eine Darmentleerung herbeiführen, da sonst die Reste im Darm Schaden anrichten und Vergiftungen entstehen. Stellt der Körper die Verdauung ein, wird damit auch ein Drittel vom Grundumsatz eingespart. Das Leiden und der Hunger sind dann auch überwunden. Klares Denken ist dann auch möglich. Ob das eine gute Überlebensstrategie ist, wage ich zu bezweifeln. Könnte aber kurzzeitig situationsbedingt eine Option sein.
Drei Monate ohne Hoffnung
Hier geht es um die mentale Komponente und um die Psyche. Es geht um den Willen zum Leben. Warum überlebe ich eigentlich? Habe ich eine Aufgabe in dieser Welt? Welche Zukunftsperspektiven bieten sich mir? Es geht um die Erhaltung der Willenskraft. Hat man es erst mal geschafft alle körperlichen Bedürfnisse im Überlebenskampf zu sichern, braucht der Kopf Nahrung in Form von Tätigkeiten des täglichen Lebens oder soziale Interaktion. Besonders Isolation macht das Erreichen der drei Monate sehr schwer. Soziale Interaktion, ob mit Mensch oder Tier, ist hier essenziell. Drei Monate hören sich viel an, aber eigentlich muss man so schnell wie möglich einen festen Tagesablauf und Rituale einführen und sich Ziele für die Zukunft stecken oder gar sich einer Mission verschreiben. Glücklich ist der, der andere Menschen in dieser Situation um sich hat. Ist man allein macht es durchaus Sinn sich ein Haustier zuzulegen oder zu fangen. Gerade die Verbesserung der wohnlichen Situation, die Sicherung der Nahrungsgrundlage oder die Kontaktherstellung mit der Zivilisation bieten viele Ziele und Perspektiven.
Wie findet ihr diese Regeln und was sind eure Gedanken dazu?