Hallo zusammen;
Ich habe ja, bekennender Weise, einen kleinen Fetisch für altmodisches Werkzeug und dessen Herstellung bzw. frage ich mich schon mal welche Werkzeuge ich ohne Strom noch selber herstellen könnte. Vor einiger Zeit hatte ich mir deswegen schon eine einfache Bohrahle mit Kurbelantrieb und austauschbaren Bohrern gebaut. Aus Unwissenheit und weil ich mich an modernen Bohrern orientiert habe, waren die Bohrer allerdings noch recht unausgereift.
Ich habe mich daraufhin etwas belesen, youtube geguckt und mir ein paar alte "Scheunenfunde" genauer angesehen, wobei ich zu der Erkenntnis gelangt bin, dass eine Art einfacher Schlangenbohrer das High-End der vorindustriellen Holzbohrer darstellt. Es gibt nicht viele Leute die sowas heute noch von Hand herstellen und die, die es tuen sind sicherlich Lichtjahre von meinen autodidaktischen "Hinterhofschmiedekünsten" entfernt. Aber einen Versuch war es mir trotzdem Wert.
Ich habe mich dann dazu entschlossen einen so genannten Knebelbohrer anzufertigen. Dieser kann zwar nicht mit einer Kurbelahle betreiben werden, ist dafür aber autark einsetzbar. Wenn ich spontan beim schnitzen und werkeln im Wald einfach nur ein Loch bohren möchte muss ich so nicht die ganze Kurbelahle mitschleppen.
Als Ausgangsmaterial habe ich eine Kfz Feder verwendet von der ich mir zwei Stücke abgetrennt habe. Zwei Stücke habe ich nur deshalb verwendet, weil ich schon vorher einen Fehlschlag erlitten hatte und ein Teil auf Reserve haben wollte.
Beim Material sollte man keinen zu "guten" Stahl verwenden, weil es hier anders als bei Messern um möglichst hohe Zähigkeit antstatt hoher Verschleißfestigkeit geht. Dabei schneiden einfache Feder- oder Vergütungsstähle mit rund 0,5% Kohlenstoffanteil am besten ab.
Die Federstahlringe werden erst in eine möglichst gerade Form gebracht...
... danach habe ich den Vorderen Teil abgeflacht. Weil dieser Teil hinterher die Windung des Bohrers wird sollte man diesen nicht zu dünn ausschmieden. Ca. drei Millimeter sollten schon stehen bleiben damit der Bohrer die entstehenden hohen Torsionskräfte übersteht.
Daraufhin habe ich auch das hintere Ende abgeflacht...
...und zu einer Öse gebogen. Normalerweise wird diese Stelle nun in der Schmiede feuerverschweißt, wozu mir allerdings das Borax und auch ein paar Skillpunkte fehlen. Bei Bohrern unter rund 20mm hält die Öse aber auch so. Bei noch Größeren könnte man die Öse auch einfach lochen und von innen ausformen.
Im Anschluss wird der vordere Teil möglichst gleichmäßig erhitzt und verdreht. Nachdem man den Bohrerrohling so gut wie möglich gerichtet hat ist es wichtig das gesamte Werkstück zu normalisiern. Das bedeutet man erhitzt das Werkstück auf Härtetemperatur und lässt es an der Luft abkühlen. Diesen Vorgang sollte man ein paar mal wiederholen um ein gleichmäßiges Gefüge im Stahl zu erhalten.
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Nachdem der Bohrer normalisiert und abgekühlt ist kann man damit beginnen die Spitze und die Scheiden auszuarbeiten. Dazu sägt man an den Seiten soviel Material weg, dass etwa ein drittel des Durchmessers für die Spitze übrig bleibt. Bei besonders großen Bohrern verschiebt sich dieses Verhältnis logischer weise weil man die Spitze nicht unendlich dick machen kann, aber generell sollte man die Zugspitze eher robust auslegen weil diese sowohl der Antrieb als auch der empfindlichste Punkt des Bohrers ist. Wenn die grobe Form ausgesägt ist werden die Spitze und die Schneiden in Form gefeilt.
Mit einer kleinen Dreikantfeile wird anschließend ein Spriralgewinde an der Spitze eingefeilt. Man sollte hier aufpassen ,dass die Schneidrichtung des Gewindes auch zu den Schneiden des Bohrers passt. Die so entstandene Zugschraube ist der wichtigste Teil des Bohrers und erfordert eine gewisse "Kalibrierung". Bei einer langen Spitze läuft der Bohrer praktisch alleine ohne das man drücken muss. Allerdings neigt eine sehr lange Spitze auch dazu soviel Vorschub zu erzeugen , dass sie sich quasi selber abreist, womit der Bohrer Schrott wäre.
Wenn die Spitze wiederum zu kurz ist muss man den gesamten Vorschub von Hand ausüben was auch sehr schlecht wäre.
Dabei den richtigen Mittelweg zu finden ist das schwierigste an der ganzen Geschichte.
Wenn die Schneiden und die Zugschraube fertig sind und ein paar vorsichtige Probebohrungen überstanden haben wird der Bohrer gehärtet.
Hierbei muss man höllisch aufpassen die filigrane Form der Zugschraube nicht in der Esse zu verbrennen. Gehärtet wird sehr sanft in warmem Öl und nur der vordere Teil. Wie schon erwähnt kommt es hier nicht auf hohe Härte sondern auf hohe Zähigkeit an. Nach dem Abschrecken verbleibt der Bohrer gleich zum anlassen in der Friteuse.
Zum Schluss steckt man einen beliebigen Stock in die Öse und kann loslegen. Hat ein bisschen was Folterinstrument artiges :confused . Die "Lasche" der Öse habe ich noch vernietet. Hätte nicht sein müssen aber ich fand das einfach besser.
Weder schön noch genau aber man kann damit Löcher bohren. Ulkiger weise habe ich versehentlich einen links drehenden Bohrer gebaut was in der Praxis aber auch egal ist. Erstaunlich ist ,wie wenig Druckkraft man ausüben muss damit sich der Bohrer vorwärts arbeitet.
Die obligatorischen Ungenauigkeiten in der Fertigung speilen bei der bauartbedingt geringen Drehzahl auch keine große Rolle.
Was mich etwas stört, ist dass die Löcher sehr fransig und unsauber werden. Ein Proplem was aber auch bei industriell gefertigten Schlangenbohrern auftritt. Nichts desto trotz kommt das Teil mit in die Schnitztasche und wird dort wohl seinen Zweck erfüllen.
LG an alle - Holger