Brennnessel-Schnur-Herstellung

  • mal wieder die gute alte Brennnesselschnur ^^


    Es gibt ja verschiedene teils aufwändige Varianten (Trocknen, Wässern, Auffasern, trocknen ect),
    wer mich kennt weiss ja das mein Hauptinteresse eher den "quick & dirty" Techniken gilt,
    so auch hier.
    Ich bin da Pragmatiker, wenn ich eine Schnur benötige, benötige ich diese schnell.
    Das bedeutet nicht das mich die aufwändigeren Techniken nicht interessieren,
    ganz im Gegenteil,
    und wie immer habe ich nichts gegen Kritik oder andere Lösungswege einzuwenden,
    im Gegenteil immer her damit.
    UND es ist nur meine Meinung / Erfahrung also kein Dogma.


    Zielstellung war in möglichst kurzer Zeit eine Schnur herzustellen die (zb) als:


    - Schnürsenkel
    - Grünholzbogen-Sehne (!)
    - Kordel für Feuerbohren
    - Fallenbau
    - Abspannen
    - usw


    verwendet werden kann.


    ect, also keine 50 Meter auf Vorrat, sondern eben einige Meter die man dringend benötigt.


    ____________________________________


    Ich versuche mich kurz zu fassen, aber... naja ihr kennt ja meine Romane.


    Die Ernte


    -Man sollte sich nach Möglichkeit nicht lange mit zu kleinen Pflanzen aufhalten,
    1cm Durchmesser am Boden und Hüfthoch gewachsen darf es schon sein.
    -Besser 5 große als 10 kleinere, das macht sich später beim eindrehen (Faserlänge) bemerkbar.
    -Einfach beherzt in der MIitte zugreifen und rausziehen, eine Pflanze die das nicht aushält taugt nicht für die Fasern,
    wobei ich hier anmerken muss das ich einen relativ weichen & feuchten Boden hatte,
    das kann man also etwas relativieren.


    - bitte behaltet bei dieser Beschreibung meinen "quick&dirty" ... HUSCH HUSCH ICH HABE KEINE ZEIT... Ansatz im Hinterkopf!
    mit mehr Zeit, Gedult und Übung ect wird die Schnur natürlich noch Leistungsfähiger!
    Dennoch hat mich hier das Ergebniss überrascht. Siehe ganz am Schluss :mädchen


    Für die ersten Versuche sammelt ruhig etwas mehr, für die Schnur auf dem letzten Foto dürften etwa 15 gute (große) Nesseln nötig gewesen sein,
    holt Euch ruhig 40-50 Stängel damit kann man den ganze Abend experimentieren.


    die "Rinde" abziehen


    Das 1 Foto zeigt einige Haufen, links bereits geklopfte Stängel, Mitte die abgezogenen Fasern, rechts 1x Stängel wo ich grade abziehe.


    brennnessel schnur fasergewinnung


    das Stöcken hat keine Bedeutung, daraus habe ich mir später lediglich Stückchen gehackt wo ich die verschiedenen Schnüre aufgewickelt habe.


    Was wir wollen ist die äussere Schicht.
    (das Bündel in der Mitte... "Rinde" ist das falsche Wort :)
    Da sind noch einige sehr breite Streifen dabei, das ist okey, wenn man den dreh raus hat zieht man die Schicht herunter wie eine Wurstpelle...
    man muss sie danach aber noch teilen (mim FIngernagel durchziehen zb).
    Etwa so breit wie ein Grashalm ist eine ganz gute stärke für so einen Faserstreifen.


    Schlagt kräftig auf das dicke Ende (also das Richtung Wurzel ^^) , ruhig einmal kräftig platthauen.
    Den restlichen Stängel eher sanft mal "abklopfen", wichtig ist an den "Knoten" 1x zu klopfen, sonst kann es beim Abziehen passieren
    das es genau an den Stellen hängt und reisst.


    Im Normalfall kann man jetzt bereits die verholzte Innenschicht und die weiche Aussenschicht trennen / abpopeln und dann von unten nach
    oben abziehen.
    Mit ein wenig Übung sogar in einem Stück, aber das ist nicht wichtig da man breite Stücke sowieso nochmal teilen muss.
    Das geht gut mit dem Fingernagel.
    So breit wie ein üblicher Grashalm reicht, wenn die Fasern trocknen (und das geht recht schnell) verlieren sie nochmal deutlich an Breite / Länge.


    Die Faserstränge ruhig mit der Hand mal durchkämmen, auch mal sanft ziehen, zu dünne Stellen reissen eh gleich ab das ist okey,
    man sollte jetzt so 30-40 cm lange und 3-4mm breite (FRISCH) Streifen haben,
    das reicht so, ab zum näxten Schritt.


    EINDREHEN


    (diese Methode geht nur bei kurzen Schnüren bis 3-4 Meter max , sie verdrillen sich sonst von alleine, reicht aber für das hier)


    Tja, ab hier wird's einfach, man muss nur etwas Vertrauen in das Material haben.
    Ein kleines Stöckchen zum Aufwickeln bereit legen und los geht's.
    EInfach 2 Stränge verdrehen, nehmt 2 lange, aber nicht unbedingt gleichlang.
    Verdrehen und so 2-3 Fingerbreit vorm Ende einen neuen reindrehen
    (da dann auch ruhig mal sanft ziehen, sollte halten sonst weiter oben den neuen Strang eindrehen, den "Dreh" hat man schnell raus)
    Richtig straff eindrehen so 20-30 cm für den Anfang und dann mit zb Palstek am Holz befestigen so das man die Schnur dann aufwickeln kann.
    Wie gesagt 2-3 Stränge reichen! Ihr werdet erstaunt sein welche Stabilität diese dünne (2-3mm) Schnur / Zwirn jetzt bereits hat !
    Jetzt ist es nur Fleissarbeit, eindrehen, neue Faser anhängen (einige cm an das kurze STücken verdrillen und dann mit dem Rest)
    und weiter und weiter und aufwickeln auf das Hölzchen natürlich.
    Macht Euch keine Sorgen wenn abundzu mal ein neues Streifchen nicht perfekt eingedreht ist und bissel aus der Schnur herausschaut,
    wir drehen es eh gleich nochmal ein.
    Grob geschätzt 4 Meter Zwirn (um bei dem bsp zu bleiben das ich gleich noch Poste) dreht ihr so ein,
    dann kann man das ruhig mal 1h oder 2h liegen lassen (muss nicht, habe auch schon direkt weitergemacht),
    aber wenns ein bissel trocknet schadet das an dieser Stelle nicht,
    und man will ja auch mal was futtern ^^ .


    2fach verdrillen


    Jetzt mache ich den Schritt der in einigen Anleitungen von Anfang an gemacht wird,
    da muss man aber schon etwas geübt und fingerfertig sein.
    "Meine" Methode die ich hier beschreibe geht auch, aber nur bei kürzeren Schnüren.
    Warum habe ich ja bereits geschrieben.


    Wieder alles abwickeln, die "Drillung" sollte dennoch erhalten bleiben, ist halt eine Faserpflanze, das "verzahnt" sich alles.
    Mitte suchen und dort dann einmal kräftig "drehen" bis sich von alleine ein Öhrchen bildet,
    das ist der Anfang für die 2te Verdrillung.
    Im Grunde verdreht man jetzt wieder alles wie zuvor auch, auch hier möglichst straff.
    Zb kann man in das Öhrchen wiederum eine Stöcken klemmen (und das zwischen die Knie, Foto war unmöglich, hab nur 2 Hände ^^),
    aber sonst das selbe...
    straff eindrehen / aufwickeln /eindrehen /aufwickeln...


    Diesen Schritt kann man nun wiederholen bis entweder die Schnur stark genug oder zu kurz wird für den jeweiligen Zweck.


    Das Ergebniss


    Nun, für meine Verhältnisse bzw also für die Aufgabenstellung kam folgendes heraus,
    und ich/wir waren doch sehr überrascht.
    Aus dem etwa 400cm "Zwirn" (2-3 Stränge @ 3-4mm frisch) wurden nach dem 2ten eindrehen etwa 230cm.
    Durch eindrehen und Trocknung (die Trocknung ist echt nicht zu unterschätzen) ist dieser Faden nun etwa 3mm,
    eigentlich reichlich dünn...
    und dennoch problemlos 10kg damit gehoben.


    Da waren wir selber überrascht, ich hab für die Schnur (also nur das eindrehen, ohne Ernten und Klopfen ect) circa 1.5h gebraucht,
    ganz gemütlich... Kaffe, Kippe usw, bzw als Vergleich diese üblichen Schnüre aus zb "Netto" die zerreisst man leichter,
    als diese quick&dirty Brennnesselschnur :D


    Blablaaaa


    Im Fazit für eine Bogensehne würde ich das nochmal verdrillen, für einen kleinen Grünholzbogen reicht das dann immernoch,
    da bin ich vorsichtig. Das will ich nicht im Gesicht haben.
    Da würde ich ohnehin vorher mind das doppelte Testen von dem was ich annehem zu brauchen.


    Aber für die anderen Einsatzzwecke wäre diese "husch-husch-ich habe es verdammt eilig Schnur" schon brauchbar.
    10-15kg sollten für Kleintierfallen/Schlingen (Karnickel) reichen, Schnürsenkel sowieso ^^,
    Feuerbohren kann ich nix sagen, da hat man ja noch eine Reibungsbelastung auf der Schnur...
    aber in der Zugbelastung, nicht schlecht.
    (PS damit eine Angelschnur zu improvisieren sollte man gleich ganz vergessen)


    Historisch sind solche Naturfaser-Bogensehen durchaus belegt, ua bei den Hunnen und Mongolen,
    natürlich hatten diese das Thema Handwerklich perfektioniert und dennoch Probleme mit dem feuchten Klima in Europa.


    brennnessel schnur fasergewinnung



    wie gesagt bin für Kritik, Anregungen und völlig anderen Lösungsansätzen immer offen :winken


    edit: also die bündel bei bild 1, für die schnur auf bild 2 habe ich davon einen Bruchteil benötigt,

  • Sehr fein! Danke für diese kleine Anleitung.


    Ich habe es vor Kurzem mal mit Brennnesseln selber versucht, ohne vorher groß was zu recherchieren, bin beschämend gescheitert.


    Auf ein Neues.

    "Das Leben leicht tragen und tief genießen ist ja doch die Summe aller Weisheit." Wilhelm Humboldt, 1767-1835

  • Guten Tag Krupp,


    ich weiß nur, daß uns "zivilisierten" Menschen viele Herstellungs-Methoden verloren gegangen sind,
    oder daß "wir" über alte Methoden die Nase rümpfen. Schnüre aus Brennesseln, das habe ich noch
    nicht gehört. Aber weshalb nicht? Ich habe schon häufiger Haselnußstangen mit Grashalmen um-
    bunden um die Stangen besser aus dem Wald tragen zu können. Hier auf unserem Grundstück auf
    dem Land stehen tausende von Brennesseln, im Hochsommer über 2 m hoch. Die jungen Brennes-
    seln kochen wir als "Spinat", das haben wir 1945 bis 48 auch gemacht, schmeckt gut. Und dann die
    berühmte Brennessel-Brühe als Pflanzenschutzmittel.


    Attaan





  • Traditionell ist Brennnessel eine der europäischen Faserpflanzen, neben ua Hanf zb oder Flachs .
    Das wurde in den letzten Jahrhunderten halt ersetzt durch Pflanzen die effektiver anbaubar waren (oder günstiger / Sklaven / Baumwolle)
    bzw feineres Garn ergaben und oder industriell effektiver verarbeitet werden konnten.
    Heute ist ja alles aus Baumwolle, bzw inzwischen aus Kunstfaser.
    Aber ich bin da keineswegs ein Wissender nicht mal im Ansatz... wie gesagt schnell& schmutzig ^^ wie meine gesammte "Ausrüstung".


    Aber für den EInstieg und um etws Feuer zu fangen ist diese Methode nicht verkehrt,
    sofern ich sie halbwegs brauchbar beschrieben habe ^^
    In Kassel hatte ich irgendwie keine Lust dazu bzw naja Party halt wie immer ^^
    aber besser kann man das live zeigen als 3 Seiten zu schreiben.


    Wie gesagt, mein Kollege und ich waren selber überrascht das diese frische, "hingepfuschte" Schnur doch so viel Zug aushält...
    :lol


  • Sisal wurde zur Herstellung von Seilen auch häufig verwendet. Hanfseile waren allerdings
    geschmeidiger als die harten Sisalseile. Die Hanfseile hatten wir früher bei den Pfadfindern.
    Wir haben sie benutzt um von Baum zu Baum zu hangeln, mit Gepäck, z.B. über Flüsse.
    Sogenannte "Strohbänder" aus Sisal wurden und werden in Heupressen für Heuballen verwen-
    det. Ich habe hier zu Hause eine große Rolle Sisalschnur, ca. 7 kg, für viele Zwecke.

  • ja guter EInwurf...


    Man merkt das auch bei der Brennnessel, die wird schnell strohig und wir sind ja derzeit weit entfernt von Hochsommertemperaturen,
    dennoch trocknet sie exrem schnell. auch bei dem derzeitigen eher feuchtwarmen Wetter.


    ich finde sie lässt sich feucht leichter verzwirnen als getrocknet,
    andererseits verfilzt sie trocken sehr schnell, was ja auch gut ist, erhöht die Reibung und damit die Festigkeit der Stränge.
    So ein Mittelmaß finden halt.
    Aber wenn jetzt jemand daherkommt und sagt es ist besser die Fasern getrocknet zu verarbeiten würde ich mich auch nicht herumstreiten wollen.


    Wo ich jetzt schauen muss ist die Konservierung, trocken ist sie nun bereits (diese zukünftige Bogensehne),
    morgen werde ich die mit Bienenwachs abreiben (das Geheimniss meiner fettigen Haare ^^)
    damit sie geschmeidig bleibt und mal sehen was dann Ende nächster Woche draus wird.
    Das einfetten habe ich mal auf einer Archeologieseite aufgeschnapt.
    Zur Not drille ich eine neue. ^^ Ich hab ja sonst nix besseres zu tun draussen, ausser evt viel Bier trinken :schlaubi

  • Klasse Bericht, danke dir Krupp.


    @Sisal: Sisal ist aus Agavenfasern, die gab es hier früher nicht, sonst hätten die Menschen früher diese sicherlich auch verwendet. Arme Menschen haben sich im frühen Mittelalter sogar Kleidung aus Brennesselschnur gefertigt.

    "Die Natur kümmert sich nicht um die Menschen, welche sich nicht für sie interessieren. Aber denjenigen die es tun, denen gibt sie alles, was diese brauchen." Sylvain Tesson: In den Wäldern Sibiriens

  • Mach das mal, wäre sehr interessant.
    Nach dem Krieg, war man ja beinahe ins Mittelalter zurück gebomt worden, kann ich also gut vorstellen. Ich sprach jetzt nur von nicht kriegsbedingten Umständen.

    "Die Natur kümmert sich nicht um die Menschen, welche sich nicht für sie interessieren. Aber denjenigen die es tun, denen gibt sie alles, was diese brauchen." Sylvain Tesson: In den Wäldern Sibiriens

  • Hab das die Tage auch probiert und war mehr als überrascht!
    Nur, "quick and dirty"... naja, ein kompletter Nachmittag ist draufgegangen.
    Aber wie mit allen Sachen, die Übung macht´s.
    Ich werde das noch öfter machen, vielleicht schaff ich ja irgendwann wirklich
    in einer Stunde 2m Seil! :zunte

  • Man hat den sprichwörtlichen "Dreh" schnell raus, die ersten Schnüre haben bei mir auch ewig gedauert,
    bzw vor ein paar Jahren auch kläglich gescheitert (mit sehr kurzen Distel-Fasern).
    Jetzt geht's eig schon ganz gut wobei ich da weit von echtem "können" entfernt bin,
    aber mit den langen Brennnesselnfasern ist es kein Vergleich mehr zu damals...


    Gestern Abend hab ich aus 10 großen Brennnesseln rund 2 Meter Schnur gedreht (aber noch einfach, also doppelt gedrillt schätze ich bleiben dann 150cm rund)
    und dafür ziemlich genau 1h gebraucht, wobei ich sagen würde "gemütlich".
    Ohne das "ernten", also das sammeln, entblättern, "plätten" (s.o.) und Fasern abziehen waren sicher auch nochmal 1h,
    alles ohne Hektik.


    Die Lernkurve ist recht steil dh nicht entmutigen lassen beim ersten Versuch.


    Ich werde heute Nachmittag mal noch eine basteln und versuchen es etwas besser zu dokumentieren,
    die Fotos folgen dann die Tage.


    Was etwas tricky ist derzeit ist es ja sehr heiss, die Fasern trocknen sau schnell und sind dann wie Stroh,
    lassen sich mMn nicht mehr so guut verdrehen und brechen auch leichter,
    das ist kein Problem dann einfach kurz wässern (einige Minuten reichen, merkt man dann schon).
    Ganz frisch verdrehen geht zwar auch, aber meine letzten Versuche zeigen mir das kurz trocknen (sie werden dadurch schön schmal)
    und wässern besser geht.


    Das gute an Brennnessel ist halt die wachsen in Massen, ich nehm da nur noch die richtig großen.
    Wenn man die unten plattdrückt/tritt/klopft sieht man auch sehr schön das es 5 (oder 6) Streifen sind.
    Man schafft es aber selten die genau so abzuziehen, macht aber nix.
    Schön langsam dann (wie ich oben schon beschrieben hatte) abziehen so weit es geht bzw bis sie zu dünn werden.


    Falls ich etwas umständlich erkläre oder FRagen offen bleiben, einfach nachhaken.


    __


    Es gibt aber auch Methoden mit "einige Tage wässern" ect, hab ich aber noch nicht probiert, ich bin da auch etwas zu ungeduldig vielleicht.


    Heute oder Morgen Nachmittag werden wir dann versuchen eine Bogentaugliche Schnur zu machen,
    wobei ich hier von einem einfachen Notbogen (zb aus Hasel oder Esche) rede, mit vielleicht 10-15kg maximal.
    Ich wills auch nicht gleich übertreiben, so eine gerissene "Sehne" kann ziemlich weh tun bzw uU auch ins Auge gehen...
    Also erst muss ich eine Schnur haben die mind 30KG aushält, sicher ist sicher ^^


    :mädchen

  • Gleich vorweg, einen Brennnesselsehnenbogen gibt es immernoch nicht zu sehen :)


    Dafür gehe ich nochmal näher auf die Technik ein,
    die längste Schnur die ich inzwischen gedreht habe ist immerhin 850cm (nur Fasern verdreht ) und nun noch 2fach verdrillt bleiben etwa 170cm
    aber sehr feste Schnur die ich gerade mit Öl abgerieben habe und nun trocknet... da weiss ich nicht nicht ob das das der richtige Weg ist für die "Bogenschnur",
    aber das ist noch ein anderes Thema.


    Auf jedenfall kommt diese einfache Technik "erstmal einfach eindrehen" hier schon an die Grenze,
    als ich die 850cm abgewickelt hatte um sie zu verdrillen (dafür muss man in der Mitte der Schnur anfangen)...
    naja das Zeug neigt durch das Verdrehen dazu lustige Knoten zu bilden, besonders trocken.
    Dafür habe ich aber bereits Lösungsansätze bzw Ideen,
    jetzt erstmal zurück zur Grundtechnik.


    Wie ich die Pflanzen ernte ("[lexicon]Große Brennnessel[/lexicon] und davon eben möglichst die größten) und die Fasern abziehe habe ich ja bereits beschrieben.
    Da manche Angaben arg geschätzt waren hier mal ein Bild,
    über der Wurzel abgeschnitten sind sie alle deutlich über 1cm im Durchmesser.


    brennnesselschnur


    Diese Stängel hier haben im Schnitt eine Länge von 160cm und mehr, daraus kann man oft 3-5 recht lange (frisch) 40-60cm Streifen abziehen.
    Wie erwähnt trocknen die sehr schnell, dann einfach wieder kurz wässern.
    Ich hatte jetzt auch welche von letzter Woche verwendet, nach einem kurzen Wasserbad waren die wie "neu",
    man kann also durchaus erstmal auf Vorrat Faserstreifen sammeln.


    edit: auch hier der kleine Tip nochmal, wässern! so ein getrocknetes Faserbündel (erinnert an ein Vogelnest ^^ )
    bekommt man schwer auseinander, einfach in ein Wasserbad geben dann kann man die Fasern vorsichtig einzeln wieder herausziehen.


    Ich verarbeite sie jedenfalls feucht und hänge mir immer eine Handvoll griffbereit auf.


    brennnesselschnur


    3 Fasern zu verdrehen gibt mMn nach einigen Experimenten das beste Ergebniss,
    man muss halt rechtzeitig neue eindrehen und aufpassen das die Schnur möglichst gleichmässig in der Dicke bleibt.
    Eine neue Faser verdrehe ich kurz (Daumenbreit) mit einer alten und dann mit allen zusammen weiter.
    Dann verdrehen bis die Schnur Spannung hat (es bilden sich "Öhrchen") , straff ziehen und aufwickeln.
    Wann man die nächste Faser einspinnt kommt halt immer drauf an wie lang und breit die anderen sind,
    bei dem Foto hier ist es bereits leicht ungünstig da ich auf einer Handbreit Faserlänge 3 neue einspinnen muss,
    geht aber in dem Bereich noch.


    brennnesselschnur


    Irgendwann ist die Schnur lang genug oder das Material alle,
    dann wird es Zeit die Schnur zu verdrillen. Das bringt dann erst die richtige Stabilität.
    Auch hier sollte die Schnur nach meinem Stand nicht furztrocken sein, dann lieber nochmal wässern.


    Abwickeln und Mitte suchen.
    Dann erneut in die Richtung drehen wie bereits gedreht wurde, es bildet sich ein Öhrchen, das auf einen Stock (die Spindel) ziehen,
    und dann die beiden Schnurhälften zb am Daumen vorbeilaufen lassen wärend man mit der anderen Hand die Spindel dreht.
    Auf dem Bild halte ich die SPindel nur deswegen ebenfalls in der linken Hand weil ich sonst nicht hätte fotographieren können ^^,
    also in meinem Beispiel "Schnur-Führung" mit linker Hand / Daumen + Spindel verdrehen mit der rechten Hand.


    brennnesselschnur


    Das ist zugegeben etwas mühseelig, geht aber je nach Fingerfertigkeit recht zügig (gibt ja Schlagzeuger die ihre Sticks zwischen den Fingern rotieren, so ungefähr :) )


    Da kam auch recht schnell der Optimierungsgedanke, ich schätze der nächste Schritt wäre ei,ne Handspindel zu improvisieren.
    Ob eine Handspindel aus Holz noch quick & dirty ist weiss ich noch nicht, das kommt drauf an wie lange ich brauch um die zu basteln,
    und welchen Zeitgewinn sie am Ende bringt...


    Noch eine kleine Motivationshilfe am Schluss, ich bin inzwischen bei 3-4m pro Stunde (nur einfach eindrehen, ohne Ernte und Fasern ziehen)
    und das immernoch gemütlich, aber inzwischen geht es wie von alleine... und da ist noch Luft nach oben.
    Wie ich schon mehrfach erwähnte, lange Fasern -> schnelle Arbeit.


    Man erhält allerdings wirklich grobe Schnüre, reissfest sind sie, aber grob (2 fach verdrillt sicher um die 4mm) zum Tarp abspannen auf jedenfall
    geeigne, Bogensehne bin ich immernoch gespannt ob das was wird. Jedenfalls mit dieser Technik.



    Sooo vielleicht hilft es weiter :winken

  • Ahoi :kanu


    Ich hab mal wieder ein wenig Zeit übrig gehabt für weitere Experimente.


    Wie ich im letzten Beitrag bereits angedeutet hatte ist das eindrehen von Hand recht mühsam
    so das ich über eine Handspindel nachdachte.
    Handspindeln gehören zu den ältesten bekannten (und hier sogar "zivilen") Werkzeugen (5000 bc),
    auch bei Ötzi fand man einen gelochten Stein der durchaus auch als Wirtel (Schwungstein) für eine Handspindel funktionieren würde.


    Die Herstellung einer einfachen Spindel geht recht fix und die Zeitersparniss enorm.
    Zu den Begrifflichkeiten: der Wirtel ist das Gewicht / Schwungmasse , die Spindel der Stab .


    Spindel Brennnessel Naturfaser Schur


    Oben links ein Vorrat Fasern, teils schon 2 Wochen alt, durchgetrocknet bekommt man die allerdings kaum auseinander,
    einfach kurz wässern und sie sind quasi wie frische.


    Ganz rechts, die kleine Spindel (mit der Holzscheibe als "Wirtel" ) hat, wie erwartet, überhaupt nicht funktioniert.
    Trotzdem wollte ich es mal testen, eine Holzscheibe ist ja schnell abgesägt.
    Das Problem ist, so eine Holzscheibe hat einfach zu wenig Masse bzw müsste man dann eine recht große Scheibe benutzen.


    Die nächste Idee war dann kreuzweisse Brettchen als Wirtel anzubringen,
    ein Brettchen ist ja schnell aus einem dickerem Ast herausgeschlagen.
    (Hier auch mal wieder eine sehr praktische Anwendung des oft so verpönten "Battoning" ) .
    Noch etwas abgeflacht und mit dem Messer ein Loch gebohrt, fertig.


    Als Spindel hab ich mir einen schönen, geraden Haselzweig abgeschnitten. Der darf ruhig erstmal etwas länger sein.
    Rinde entfernen und die Spindel durch das Loch des Wirtels schieben bis er halt findet,
    dann kann man , ähnlich wie auf den Fotos, die Spindel entsprechend kürzen.


    Spindel Brennnessel Naturfaser Schur


    Das obere Brettchen erfüllt keinen Zweck, nur das man es etwas deutlicher sieht wie die Schnur einklemmt wird (siehe weiter unten beschrieben).
    Die linke Spinde funktioniert recht gut, die rechte mit der Scheibe quasi garnicht...


    Es hat sich herausgestellt das 1x Brettchen völlig genügt, dieses hier ist ca 1x3x8 cm zur groben Orientierung.
    Da muss man das richtige Mittelmaß finden, zu lang ist unpraktisch und zu kurz dreht es sich schlecht.


    Nun muss etwas her, zb eine Kerbe (oder andere Möglichkeit ?!) angebracht werden die die fertige Schnur festklemmt.
    Die Kerbe an der Seite hat ganz gut funktioniert aber noch nicht ganz optimal.


    Okey nun zur Funktionsweisse...


    Anfangs muss man ein kleines Stück von Hand verzwirnen, genau wie in den oberen Post´s schon beschrieben, mit zb 3 Fasern.
    Soviel das man die zukünftige Schnur (knoten/palstek ect) oben an der Spindel befestigen kann,
    den Rest der bereits verzwirnten Schnur klemmt ihr dann in der Kerbe fest, so das auf der anderen Seite die
    noch unverdrehten (!!!!) Faserstränge herausschauen.


    Die Faserstränge hält man nun weiter oberhalb fest, zb 10 cm, und bringt mit der anderen Hand die Spindel zum drehen.
    Dann aus der "Klemme" lösen, aufwickeln, Rest wieder festklemmen, Spindel zu drehen bringen usw usw.
    Wenn es Zeit wird eine neue Faser einzuweben, und auch das geht so besser als von Hand, klemmt sie einfach mit in die Kerbe
    und dreht kurz 5cm ein, das reicht idR bereits und dann wie gehabt weiter...


    Der Zeitgewinn ist enorm, gleich beim ersten Versuch 2.5 Meter Fasern verzwirnt in rund 30 Minuten,
    nach einer Weile hat man die Bewegungsabläufe noch besser drauf und da ist einiges mehr drin.
    Und natürlich ist diese Methode kraftsparend, wäre halt auf Dauer etwas eintönig, aber man könnte das Stundenlang machen.


    Noch extremer ist der Zeitgewinn dann beim verdrillen... wie gehabt Mitte suchen kurz verdrehen, an der Spindel festmachen...
    5-6 Meter "Zwirn" habe ich mit Hilfe der Spindel in 5 Minuten verdrillt (der Kaffe war immer noch heiss :D )
    Das ging ruckzuck.


    noch ein kleiner Tip:
    kürzt die Spindel so das das "Dicke" Ende oben ist. So kann man später, wenn man genug Schnur hat, einfach den Wirtel unten abziehen
    und eine neue passende Spindel einstecken ;)


    ----


    So ich hoffe ich hab es halbwegs gut erklärt, aber im Grunde ergibt sich die Funktionsweisse dann beim ausprobieren.
    (Leider ab ich dann vor lauter Schnur drehen vergessen Fotos zu machen wie man die Spindel hällt, aber eig ergibt sich das auch aus der Beschreibung)
    Wem es mit der Hand bisher zu fummelig war, probiert es mal mit ner Spindel zumal man mit diesem Hilfsmittel
    dann wirklich brauchbare Längen Schnur in annehmbarer Zeit herstellen kann.
    ____________


    In Teil 3 erkläre ich Euch dann wie man aus Brennnesselstroh Gold spinnt :) bis dahin, viel Spass beim nachmachen.
    :winken

  • Lieber Krupp,
    bitte versteh mich jetzt nicht falsch, ich möchte Dir weder auf den Schlips noch auf die Füsse treten, aber:
    wir betreiben ja unser Hobby weil wir gern in der Natur sind und lernen wollen, mit minimaler Ausrüstung gut zurechtzukommen.
    Und wir leben ja in der Zeit in der wir leben. Wenn ich ein Tüddelband brauche, laufe ich ein paar Meter und sammel mir eins auf, das hält auch garantiert besser als Brennesselschnur. Unsere Umwelt ist doch dermassen mit Plastikmüll zugesch., daß man keine 50 m laufen kann, ohne auf irgend ein Stück zu treffen. Muss ich mir da die Mühe machen und eine Schnur selbst herstellen???
    Die andere Seite ist die, wenn ich die Zeitschrift "Survivel Magazin" aufschlage, da ist jetzt seit Monaten riesen Thema welche Powerbank ich mit in den Wald nehme. Hallo??! Was kommt als nächstes? Wie bekomme ich Eis für meine Drinks und wie beheize ich das Wasser in meinem mobilen Wasserbett?
    Mir hat sehr gut die Einstellung von Carsten Bothe in seinem Buch "Trapperwissen" gefallen. Er schreibt, daß man es sich im Wald einfach gemütlich machen soll und damit meint er garantiert nicht, daß man ein Wasserbett und eine Powerbank braucht; aber auch nicht, daß man alles selbst anfertigen muss, man lebt ja nicht in der Urgesellschaft.
    Ich möchte noch einmal betonen, daß ich es gut finde, daß Du das kannst und Du hast es auch super erklärt und beschrieben aber:
    braucht man das?

  • Ganz simpel, ja das braucht man.


    Wem es Erholung genug ist im Müll der Mitmenschen zu sitzen, der kann es wie von dir beschrieben handhaben. Manche gehen aber einen Schritt weiter bis nicht mehr alles voll Müll liegt und dann muss wohl zwangsläufig was Gewachsenes als Schnur herhalten, wenn man eine braucht aber keine hat.
    Im übrigen findet es manch ein wirrer Kopf geradezu erholsam Dinge herzustellen - was man nicht alles findet :confused

    Ich persönlich finde Erfahrungen und neue Ideen zur Brennesselschnurherstellung weitaus schicker und spannender, als ein Vergleich von outdoorfähigen Powerbanks/ dem xten Spirituskocher oder noch schlimmer - Stahlsorten
    ^^


    Grüße
    Stifti



  • Nein ich fühle mich da nicht auf den Schlips getreten.


    Die Frage "brauch man das" ,als GRUNDSATZDISKUSSION, möchte ich dennoch nicht hier in dem Faden diskutieren,
    denn die könnte man dann bei allem stellen.
    Wozu Feuerbohren? Es gibt doch Feuerzeuge.
    Wozu Klingen/Pfeilspitzen aus Knochen/Flint usw, kann man auch kaufen,


    Solche Diskussionen zerstören in der Regel das eigentliche Thema.


    Noch der Hinweiss das sich dieses Forum explizit mit "primitiven Techniken" auseinandersetzt und
    das auch im Untertitel führt.


    Auch bin ich hier eher an Kritik und / oder Verbesserungsvorschlägen/Ideen zur Methode interessiert
    um diese Technik weiter zu optimieren.


    Zur Stabilität der Schnüre, da täuscht man sich. Bereits 3 einfach verdrehte Fasern haben eine überraschende Reissfestigkeit.
    Die Wichtigkeit einer Schnur ist durch ihre Alltäglichkeit leicht zu übersehen, bei näherer Betrachtung ist Schnur
    aber ein genauso elementares Werkzeug wie ein gutes Messer.
    Und die Frage "Wer hat mal noch nen Stück Schnur oder Paracordel dabei ?" hör ich auch auf jedem Treffen mind 2 mal,
    so viel Schnur liegt also im Wald auch nicht herum ^^


    Im übrigen, mal als ganz praktische Anwendung, ist Brennnesselschnur "richtig" Bio und gibt auch einen witzigen Zwirn für Rouladen her.


    Wo ich derzeit noch am überlegen bin ist wie man die Schnur dauerhaft konserviert,
    durchgetrocknet wird sie vergleichsweisse steif und rau, man muss sie auf jedenfall etwas einfetten.
    Traditionell wurden Naturfaser-Bogensehnen zb mit einer Mischung aus Bienenwachs und Kiefernharz behandelt,
    wobei die bisher recherchierten Mengenangaben da weit auseinandergehen Verhältnisse von 70-30 bis 90-10 (Wachs-Harz)...
    und man braucht dann schon entsprechende Mengen Harz die man nicht nur einfach absammeln kann.
    Ich werde es erstmal mit reinem Bienenwachs versuchen, das ist aber gar nicht so einfach zu besorgen,
    alle bisherigen Produkte die ich in der Hand hatte (Baumarkt , Drogerie, Reformhaus) hatten bei genauerem Hinsehen weitere Inhaltsstoffe,
    ua Palm und Parafinöle... geht sicher auch , aber ich möchte möglichst nah am "primitiven" Original bleiben...
    Ich schau immer schon nach einem Bienenwagen / bzw Imker das Zeug muss ja aufzutreiben sein.

  • Ich für meinen Teil finde den Thread super. Erstens weil es hier um eine der Kernskills geht (Schnur hält die 'Welt zusamm) und zweitens: bei mir in der gegend liegt keine Schnur im Wald rum....

  • Zum Thema Konservierung kann ich leider kein Fachwissen beitragen, sondern nur Vermutungen äußern. Wachs ist sicher das Maß aller Dinge. Pech könnte funktionieren, wäre aber wegen der Klebrigkeit und Krebsgefahr nicht meine erste Wahl. Butter hat den Nachteil, daß sie ranzig wird und dann stinkt. Rinderfett ist da bestimmt besser geeignet. Möglicherweise hilft auch einfaches Rapsöl.


    Wenn Du Reststückchen mit verschiedenen Materialien behandeln und uns vom Ergebnis berichten würdest, hättest Du sicher interessierte und dankbare Leser.

  • Prinzipiell geht sicher auch ein Pflanzenöl, evt sogar Tierfett als Basis.
    Vor allem wenn nichts anderes zur Hand ist, Tierfett lässt sich vergleichsweisse einfach Herstellen.
    Vielleicht probiere ich mal verschiedene Wachse/Fette aus, Schnur hab ich ja genug.


    Ich vermute die Kunst liegt darin das richtige Mittelmaß zu finden zwischen Flexibilität & Aushärtung des Fettes/Wachses.
    (Es muss beim einarbeiten möglichst flüssig sein (warmes Bienenwachs) soll aber später zumindest soweit aushärten
    das die Schnur nicht ständig klebt wie ein Fliegenfänger, allerdings eben auch nicht zu stark aushärten)




    :mädchen


    edit:


    Beim quer lesen fällt mir auf das die Längenangaben in meinen ersten Posts natürlich Unfug sind, ich kann nur die alte Beiträge nicht mehr korrigieren.
    Aus zb 400cm verdrehten Fasern kann unmöglich beim 2ten verdrehen 230cm Schnur werden... da weiss ich garnicht was ich da gemessen oder geschätzt habe. :bamm


    Natürlich halbiert sich die Schnurlänge mit jedem weiteren Eindrehen da man ja in der Mitte anfängt, sowie weitere circa 30% Verlust durch das eindrehen selbst.

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