Einwachsen von Klamotten

  • Hallihallo


    Hin und wieder kommt es ja mal vor das man seine Kleidung (nicht nur spezielle Kleidung...es funktioniert auch mit Sachen auf denen nicht gerade G-1000 zu lesen ist) einwachsen muss um sie wieder vor Regen zu schützen. Auch bei mir war es vor einiger Zeit mal wieder soweit das ich mich rangeben musste meine Hosen zu wachsen.


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    Im ersten Schritt legt man sich die Hosen passend zurecht (das Bild entspricht dem jetzt nicht gerade :D). Am besten man nimmt sich ein Bügelbrett oder eine andere gerade Fläche (draußen geht es auch auf dem blanken Waldboden oder auf einer Bank, einem Tisch, einem großen Stein...). Daheim hat es sich jedoch als nützlich erwiesen das Bügelbrett zu nehmen. Nun beginnt man mit der Kante des Wachsblockes die Hose einzureiben. Seid dabei ruhig großzügig und achtet besonders darauf das Ihr die Nähte nicht vergesst!


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    Wenn Ihr die Hose dann eingewachst habt (ich mache es immer sofort von beiden Seiten) müsste das ganze etwa so ausschauen:


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    Nun könnt Ihr entweder einen guten Föhn nehmen (diese Variante bevorzuge ich) oder ein Bügeleisen. draußen klappt es im übrigen auch mit einem Gaskocher (habe es bereits versucht) allerdings müsst ihr dann die Hose wirklich schnell über die Flamme ziehen da Ihr sonst Löcher rein brennt was ja durchaus schade um die gute Hose wäre. Ich föhne die Hose immer so lange bis ich wirklich keine Rückstände von Wachs mehr auf der Hose finde und wiederhole den Vorgang des Wachsens und föhnens dann noch ein zweites mal. Dann reicht es auch meist aus und die Hose ist wieder schön dicht.


    Bei mir hält diese Imprägnierung etwa 2 wäschen, danach wiederhole ich den Vorgang wieder.


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    Ich nutze ausschließlich den Fjällräven Grönland Wachs, dieser ist in verschiedenen Größen zu haben. Die kleinste Größe passt bequem in den Rucksack und hat sich unterwegs durchaus auch schon bewährt! Daheim nutze ich den deutlich größeren Block da dieser einfacher in der Handhabung ist und alles deutlich schneller von der Hand geht.


    Liebe Grüße


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    miteinander-füreinander


    Als ich den Schädel im Wald fand, rief ich zuerst die Polizei. Aber dann
    wurde ich neugierig. Ich hob ihn auf und fragte mich, was das für ein
    Mensch war und wieso er ein Hirschgeweih trug.


  • Klasse Fagris, Danke.


    Ich bin zwar Besitzer einer dieser schönen klassischen britischen Wachsjacken, mußte aber noch nie nachwachsen.
    Zwei Fragen tun sich mir auf:


    • kann man auch „ordinären“ Wachs nehmen? Also Stearin oder Bienenwachs?
    • wenn ich eine Hose... sagen wir eine alte Jeans... wachse – trägt sich das nicht furchtbar unbequem?



    Ilves

  • Du darfst WaxCotton nicht mit "gewachstem Stoff" verwechseln. WaxCotton und Oilskin sind ja richtig durchgetränkt mit Wachs oder Öl. Das Grönlandwachs was Fagris beschreibt ist zum behandeln von "normalen" Stoffen gedacht, also Baumwolle oder BW-Kunstfaser-Gemisch. Mit dem Einwachsen nach der obengenannten Methode verhält es sich so: Je mehr Wachsschichten Du aufträgst, desto feuchtigkeitsresistenter wird der Stoff, aber er büßt dann auch mehr an Atmungsaktivität ein. Keinesfalls reicht ein mit Grönlandwachs behandelter Stoff in Punkto Wasserresistenz an Oilskin und Waxcotton heran. Es wird also nur wasserabweisend, nie wasserdicht!

  • Ah... oookeeeee :)


    Grönlandwachs sagt mir nüscht und ich dachte, daß mit dem föhnen auch der Stoff richtig durchtränkt werden würde / das Wachs das Textil eben völlig dicht machen würde.... eben so wie bei den britischen Wachsjacken.
    Daß die Atmungsaktivität schwer leidet, ist ansich klar.


    Und wie ist das mit dem „Tragekomfort“ wenn ich zum Beispiel eine alte Jeans behandeln würde? Scheuert das nicht ob der Steifigkeit?



    Ilves

  • Mit Jeans habe ich keine Erfahrung. Nur mit den FJ-Hosen. Die fühlen sich tatsächlich zunächst etwas steifer und dicker an. Aber das ist nix wildes, denn wenn Du Dir anschaust wieviel Wachs Du aufträgst: Das ist nicht viel. Ergo scheuert da auch nix. Wachsjacken fühlen sich immer irgendwie feucht an und riechen auch nach Wachs. Diese gewachsten G-1000- Sachen zum Beispiel, da merkste nicht viel. Ich denke mal, die Wachsmischung ist auch eine etwas andere, aber das wäre Spekulation. Mit Jeans habe ich es im Übrigen auch noch nicht ausprobiert (edit: steht oben ja schon :lol ), auf der Wachspackung steht lediglich dass sich das Zeug für Baumwollstoffe eignet. Um da einen Effekt zu erzielen, wirst Du wahrscheinlich 5-6 Schichten oder noch mehr auftragen müssen (und zwischen JEDER Schicht erwärmen). Und Du erreichst damit wie gesagt nur wasserabweisendes Verhalten, also zum Beispiel wenn Du durch feuchtes hohes Gras stapfst oder bei leichtem Nieselregen. Bei starkem Regen kommt das Wachs auch schnell an seine Grenzen.

  • Gut, gut... steifer und dicker kenne ich ja von meiner Lederhose, ich denke mal, eine gewachste Jeans trägt sich dann ähnlich.


    Wie aber verhält sich das nun allgemein mit dem wachsen, bzw. dem Wachs?
    Kann man da wohl jeden nehmen, also auch Kerzenwachs oder wo mögen die Unterschiede liegen?


    Ich finde das Thema gerade aus „Doom“ - Sicht ziemlich interessant, also wie kann man mit was gut improvisieren? Was kann man noch verwenden wenn man (warum auch immer) nicht den Zugriff auf das Material hat welches gewöhnlicherweise verwendet werden soll?



    Ilves

  • Ich denke das Problem wenn Du Paraffin benutzt ist die Viskosität. Das Zeug ist bröselig wie Müsli und ziemlich spröde. Nimm doch ein Stück Stoff / Taschentuch etc und teste es aus. Vielleicht macht es Sinn, das Zeug vorher zu einem kleinen Block zu schmelzen. Reines Bienenwachs dürfte besser funktionieren. Wenn Paraffin aber geht, nehme ich alles zurück und behaupte das Gegenteil :)

  • Im Mittelalter hat man Bienenwachs benutzt. Wo ich das gelesen habe weiss ich nimmer aber ich bin mir da sicher. Man sollte sich nur darüber im klaren sein das Bienenwachs ziemlich lange klebrig bleibt und somit viel Dreck am Kleidungsstück ansammeln könnte.

    Liebe Grüße


    Erst wenn der Boden trocken ist, lernen wir das Wasser zu schätzen! (Benjamin Franklin)

  • Das Problem was Henning beschreibt sehe ich auch. Das besondere am Grönlandwachs ist das er wirklich vollständig und rückstandsfrei vom Stoff aufgesogen wird. Im Notfall sollte es aber sicher auch mit Bienenwachs gehen. Hier kommt es wohl mal auf einen Praxistest an. Was ich mir aber gut Vorstellen könnte wäre die Hose zu wachsen und sie dann nach beendigung des Vorganges mit Talkum (gibt's in der Apotheke) oder in Ermangelung dessen mit Mehl einzureiben um diesem Effeckt (was ich mir äußerst unangenehm vorstelle gerade für die Innenseite der Hose) entgegenzuwirken.


    Liebe Grüße


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    miteinander-füreinander


    Als ich den Schädel im Wald fand, rief ich zuerst die Polizei. Aber dann
    wurde ich neugierig. Ich hob ihn auf und fragte mich, was das für ein
    Mensch war und wieso er ein Hirschgeweih trug.


  • Ich bin mittlerweile nahezu komplett davon abgekommen, irgendwelche Mischgewebe zu wachsen, da sich für mich die Sinnhaftigkeit dessen in Frage stellt weil:
    - wenns regnet/nass ist sowie so eine andere Hose zum Zuge kommt
    - nicht gewachst die Hose einfach viel luftiger ist
    - bei längeren Touren das Wachs sowieso nach ein paar (wenigen) Tagen raus(geschwitzt) ist, und ein nachwachsen im Felde für mich nicht in Frage kommt


    Den einzigen Vorteil, den ich irgendwie für mich erkennen könnte, ist dass an gewachsten Hosen der Dreck schneller abbröckelt, so zumindest mein Eindruck, wobei dieser Effekt natürlich mit dem Verschwinden des Wachses ebenfalls gege Null geht.


    Den Wasserabweisenden Effekt hab ich nie benötigt, da dieser meiner Meinung nach sowieso überbewertet wird

  • Heute gönnte ich mir mal den Spaß und wachste meine Hose nach.
    In Ermangelung an Grönlandwachs nahm ich ein Gemisch aus normalen Kerzenresten und Bienenwachs welches ich noch vom Messerscheidenbau übrig hatte. Fagris, hast du oben absichtlich nicht erwähnt, was das für eine Arbeit ist? :D
    Das Einschmelzen des Wachses ins Gewebe habe ich dann bei 50° im Ofen gemacht und dabei öfter mal gewendet. Mein Föhn bringt einfach nicht genügend Leistung aber im Ofen klappt das Wunderbar.
    Vom recht hohen Anteil an Bienenwachs merkt man übrigens nichts, es klebt also nichts.


    Einen lieben Gruß,
    Ilves

  • Klasse!


    Wenn Du kannst, stell doch mal einen Praxistest hier ein... mich würde mal interessieren wie sich das Wachs bzw. die gewachste Hose bei Regen verhält, der Stoff auf Dich wirkt und die Temperaturen sich bemerkbar machen!


    Liebe Grüße


    Fagris


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    miteinander-füreinander


    Als ich den Schädel im Wald fand, rief ich zuerst die Polizei. Aber dann
    wurde ich neugierig. Ich hob ihn auf und fragte mich, was das für ein
    Mensch war und wieso er ein Hirschgeweih trug.


  • Im Mittelalter hat man Bienenwachs benutzt. Wo ich das gelesen habe weiss ich nimmer aber ich bin mir da sicher.


    Ich tippe auf Karfunkel, Pax et Gaudium oder Galileo auf Pro7, denn das ist schlicht falsch... Regenschutz im MA (also 476 -1492) war bei Kleidung vornehmlich Wolle, unbehandelt, da dichtete das Wollfett oder bei Zelten Leinen, das dichtete durch Quellen ab. Bienenwachs als Imprägnierung ist mir für diesen Zeitraum nicht ansatzweise bekannt, alleine schon wegen des Preises.

  • Wenn Du kannst, stell doch mal einen Praxistest hier ein... mich würde mal interessieren wie sich das Wachs bzw. die gewachste Hose bei Regen verhält, der Stoff auf Dich wirkt und die Temperaturen sich bemerkbar machen!


    Sooo... nachdem ich die von mir alternativ gewachste Hose nunmehr zwei Wochen -außer im Bett- ununterbrochen an gehabt habe, denke ich ist Zeit für den gewünschten Rückblick.
    Zunächst muß ich aber zugeben, daß ich bisher keinerlei Erfahrungen mit derart behandelten Textilien hatte und somit kann ich hier einfach nur berichten, was mir so aufgefallen ist.


    In der Test-Zeit war einfach alles dabei: nächtliche Kälte, fast 30 Grad tagsüber, nasse Wiesen, Niesel, Regen, Gestrüpp und Unterholz und wahrhaftig auch Sitzerei auf unbequemen Stühlen, Bürosesseln und Gartenmöbeln.
    Neben der bleibenden Bequemlichkeit ist mir am eindrücklichsten aufgefallen, daß die Hose sich so gut wie gar nicht verändert hat. Normalerweise -so kenne ich es- werden Hosen immer weicher, beuteln aus. Diese hier ignoriert das bisher. Ich denke dazu tragen die quasi selbstreinigenden Eigenschaften des Materiales bei welche mich doch sehr beeindruckt hat. Selbst die üblichen Hundehaare verschwinden wieder, Matsch-Spritzer unten am Bund sind spätestens am nächsten Tag einfach weg und ich kann nachhaltig noch nicht einmal üble Gerüche wie Schweiß oder Bratfett feststellen, selbst die scheinen nicht haften zu wollen. In der Diskussion oben kam ja die Frage auf, ob beim nachwachsen mit (hauptsächlich) Bienenwachs der Stoff nicht klebrig werden würde. Nun, das kann ich verneinen. Nicht einmal bei recht hohen Temperaturen klebt weder das Textil am Körper noch irgendwelche Sachen am Textil.
    Stichwort Temperatur: ob kalt, naß, naßkalt, warm oder fast schon zu warm, dauerhaft oder im raschen Wechsel – immer hatte ich den Eindruck, die Hose würde sich auf die Umgebung regelrecht einstellen. Nach wenigen Minuten in denen ich etwas merkte war wieder alles vorbei und ein angenehmes Klima machte sich breit.
    Zum angenehmen Klima trägt auch die Winddichtigkeit bei welche ich einem solch doch ziemlich dünnem Stöffchen nicht zugetraut habe.


    Kommen wir zur Feuchtigkeit: nun habe ich die Hose ja nicht mit original Grönlandwachs behandelt und zudem auch nur eine Schicht aufgetragen – hätte ja sein können, daß ich sie mit meiner Wachsmischung versaue. Der Abperl-Effekt bei Nässe war nicht so dolle, die Tropfen drangen nach kurzer Zeit dann doch ins Material. Das aber wurde ganz hervorragend durch die Eigenschaft wett gemacht, daß die Hose in ca. einer viertel Stunde / zwanzig Minuten wieder getrocknet ist. Erstaunlich und erfreulich.


    Einzig zu bemängeln habe ich die Beinweite nach unten hin. Zwar bequem zu tragen, aber mir ein wenig zu Zeckenfreundlich verhalten sich die Hosenbeine an den Waden mir etwas zu schlabbrig. Auf Dauer hat mich auch durch das gewachste steife Gewebe das ständige „fizz - fizz - fizz“ etwas gestört, ein Geräusch welches man unvermeidbar erzeugt wenn man nicht schon seit Kindesbeinen am im Sattel eines Pferdes sitzt und sich die Anatomie von Roß und Reiter zur besseren Zusammenarbeit angeglichen hat.


    Fazit: ob das Wachsen nun großartig etwas gebracht hat kann ich nur feststellen wenn ich den Gegentest mit Grönlandwachs gemacht habe. Darin enthalten ist eine Mischung aus Bienenwachs und Paraffin, ich hatte Bienenwachs mit Stearin unbestimmten Mischungsverhältnisses.


    Ilves

  • Ist ja schon ein etwas älterer Fred, aber ich wollte mal eben meine "Langzeit-Erfahrung" mit MYOW (Make-Your-Own-Wax) zum besten geben:


    Ich sammle auch immer alte Kerzenstummel. Durch mein Konsumverhalten ergibt sich fast automatisch ein Mischungsverhältnis von 50:50 für Bienenwachs sowie sonstige Wachse (@ Ilves: Ich meine eigentlich, dass die meisten Kerzen in D größtenteils aus Paraffin bestehen, davon bin ich zumindest immer ausgegangen, wodurch ich überhaupt auch erst auf die Idee, MYO(greenland-)W zu machen, kam). Ich verflüssige die Stummel in einem alten ausrangierten Trangia-Alu-Pott, in dem ich sie auch sammle und der anschließend nicht gereinigt werden muß... Bei ausreichender Menge wird die Sache gekocht (vorsicht: Mag nicht überraschen, aber möchte doch darauf hinweisen, dass diese Flüssigkeit recht passabel brennbar ist - also scheidet z.B. der Gaskocher hier aus). Die restlichen Dochtstücke fische ich raus, die gehen noch gut für z.B. Dosenkerzen.


    Die Mischung muß nun in eine Form gegossen werden. Hierzu eignet sich alles, was nicht so leicht schmilzt und sich nachher rückstandsfrei vom Wachs entfernen läßt. Ich nehme daher Alufolie, mit der ich ein Behältnis auskleide. Backpapier mag vielleicht auch gehen, habe ich noch nicht probiert. Glas, Blech, Plastik, etc. funzt nicht, bzw. sehr schlecht.



    Den erkalteten Block kann man genauso wie das oben erwähnte Grönland-Wachs benutzen. Ich finde es aufgrund Größe und Form sogar noch angenehmer in der Handhabung. Verhalten auf der Kleidung ziemlich identisch, vielleicht nicht ganz so steif - dürfte aufs Mischungsverhältnis ankommen. Wasserdichtigkeit etc. subjektiv absolut vergleichbar.


    Fazit: Funktioniert sehr gut und ist ne schöne Recycling-Maßnahme.

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