Bei einem meiner letzten sonntäglichen Verdauungsspaziergänge hat eine eher untypische Aktivität meine Aufmerksamkeit auf sich gelenkt. Was von der Distanz wie eine BBQ-Grillerei aussah entpuppte sich aus der Nähe als eine Demonstration in historisch authentischer Eisengewinnung mittels nachgebautem Schmelzofen. Bin offensichtlich genau im richtigen Moment vorbei gekommen und der Minischmelzofen lief grade auf vollen Touren.
Befüllt war er mit Eisenerz und Holzkohle. Um die für den Schmelzvorgang erforderlichen hohen Temperaturen zu erreichen wurde mit Hilfe eines mächtigen Blasebalgs Luft von unten eingeblasen und mit jedem Pumpstoß zischte gleichzeitig eine hoch lodernde Flamme aus der Öffnung.
Im Inneren glühte das Feuer beinahe wie in einem Minivulkan. Obwohl eine eher beschaulich ruhige Betriebsamkeit herrschte war es dennoch megacool anzusehen, zumal sich mir voher noch nie eine solche Gelegenheit bot.
Der kleine Schachtofen ist im Prinzip eine aus Lehm, Sand und Stroh gemauerte Röhre. In früheren Zeiten waren derartige Öfen an einem fixen Platz installiert, so hat man mir erklärt. Roheisen und Schlacke konnten aus dem kleinen rechteckicken Tonverschluß entnommen werden - ist am Foto event. nicht ganz so gut zu erkennen, er befindet sich im Bereich des Lufteinlasses.
Dieser Schmelzofen ist eine mobile Sondervaraiante und speziell für Demonstrationszwecke adaptiert. Er hat ein metallisches Innenskelett als Verstärkung so daß er während des Transportes nicht so leicht zu Bruch geht. Ansonsten gleicht er seinen historschen Vorbildern. Eine Neuanfertigung eines solchen Ofens würde ca. 2 Tage in Anspruch nehmen, was wohl den Zeitrahmen der Hobbyschmelzer doch etwas sprengen würde, drum die transportable Lösung. So wie die ursprünglichen Schmelzöfen auch, kann dieser ebenfalls mehrfach wiederverwendet werden und allfällig entstande Risse werden einfach mit Lehm ausgebessert.
Gelegentlich kam etwas flüssige Schlacke aus dem Luftloch und das Gedränge war sofort riesengroß da jeder ein Foto von der glühend flüssigen Gesteinsmasse haben wollte.
Der Ofen war schon ein paar Stunden in Betrieb und die Mannschaft hat sich schön langsam auf die Entnahme des Roheisens vorbereitet. Werkzeug wurde bereit gelegt, nicht benötigtes Zeug aus dem Weg geräumt etc. Der Oberschmelzer hat seine Hände und das Gesicht mit feuchtem Lehm eingeschmiert, wohl zum Schutz vor der Hitze und allfälligem Funkenflug. Sah ungewöhnlich martialisch aus nicht nur ob dieser unapetitlichen Zierde, sondern auch ob seiner hühnenhaften Gestalt.
Dann wars endlich so weit und der Ofen wurde einfach umgelegt so daß der glühend heiße Inhalt um Vorschein kam.
Mit einer großen Schmiedezange wurde der Roheisenklumpen aufgenommen, sogleich auf einem Birkenholzpflock gelegt und mit einem großen Holzhammer volle Kanne drauf gedroschen damit sich das Gebilde verdichtet und Schlacke, Kohlestücke etc. rausfallen. Sah echt spektakulär aus und nicht nur ich hab gestaunt!
Anschließend hat man den Klumpen noch mit 2 Vorschaghämmern bearbeitet und mit einer alten Axt in 2 Teile gespalten. Das Roheisen sah eher aus wie ein Stück verbranntes Metall das zu lang und bei viel zu großer Hitze in der Schmiedeesse war. Zugegeben, es machte nicht wirklich einen sonderlich brauchbaren Eindruck auf mich!
Ein Fachkundiger hat mir dann erklärt, dass das Roheisen noch ca. 12 Stunden(!!) gehämmert/geschmiedet werden muss, damit allfällige Verunreinigungen rauskommen und sich die Eigenschaften so einstellen dass es tatsächlich auch als Eisen wie wir es kennen z.B. zu Nägeln, Türangeln, Werkzeugen, Messern, etc. weiter verarbeitet werden kann.
Bei der historisch korrekten Variante wäre zur Entnahme des Roheisens wohl der kleine Tonverschluß aufgebrochen worden und der Roheisenklumpen auf diese Weise entnommen worden. Der Demonstrator war jedoch weit angereist und wollte am Abend noch den Heimweg antreten und mit einem bereits ausgekühlten Schmelzofenrohr im Auto reist es sich vielleicht doch angenehmer ;-). Drum hat die Mannschaft den Ofen einfach umgelegt damit der Auskühlprozess sofort einsezten kann.
Die Leute waren sichtlich stolz und mit der Ausbeute von 3kg Roheisen mehr als zufrieden - eingesetzt wurden ca. 13kg an Erz und es hatte verblüffenderweise eine ganz pulverige Körnung, ähnlich rötlich feiner Humuserde - guckt das Foto unterhalb, es ist das erdig braune Zeug auf der Waage. Man hat mir erklärt dass sich diese Erzform ergibt wenn das Abbaugebiet in einer moorigen Gegend liegt, was selbstverständlich nicht überall der Fall ist. Natürlich kann man auch Erze einsezten die etwas solidere 'Steinform' haben - die Ausbeute ist allerdings dann schlechter und es fällt beim Schmelzprozess mehr Schlacke als Abfallprodukt an.
Ich hab den Zwischenstopp gern eingelegt und so fand ein schöner Herbstnachmittag bei wolkenlos mildem Wetter einen würdigen Ausklang und ich war froh, dass ich diesen Abstecher gemacht hab. So was bekommt man wahrlich nicht jeden Tag zu sehen!