Norwegen: 4 Tage im Dovrefjell bei den Moschusochsen

  • Reiseziel: Norwegen, Dovrefjell
    Reisezeit: 19.08.2015 - 22.08.2015
    Reisender: smeagol (Guido)


    Hier ein zugegebener Maßen sehr bildlastiger Bericht einer 4-Tagestour im norwegischen Dovrefjell. Im Rahmen meines Norwegenurlaubes, der in erster Linie unter dem Aspekt der Entspannung stand, konnte ich es mir nicht nehmen lassen, endlich mal die Moschusochsen zu besuchen.


    Recherchen hatten ergeben, dass die größte Wahrscheinlichkeit auf Sichtungen zum jetzigen Zeitpunkt im Bereich zwischen Kongsvold bzw. Gronbakken und der Hütte Reinheim besteht.


    Grundsätzlich könnte man diesen Bereich problemlos in 2 Tagen abwandern. Ich wollte mir aber Zeit lassen und vor allen Dingen die Landschaft genießen, so dass es 4 Tage wurden.


    So ging es von Kongsvold nördlich des Flusses Stropla in Richtung Reinheim.



    Ungefähr auf der Hälfte der Strecke traf ich die erste Herde von 6 Tieren.








    Grundsätzlich wird empfohlen, sich den Tieren nicht näher als 200 m zu nähern. Ich habe mich aber über einen sehr langen Zeitraum (mehrere Stunden) sehr langsam angenähert, immer wieder hingesetzt und gewartet und war schließlich im Bereich von 50 m Entfernung, z. Teil auch nur 20 m. Die Tiere waren die gesamte Zeit ausgesprochen entspannt und zeigten nicht die geringsten Zeichen von besonderem Interesse, Furcht, Aufgeregtheit oder Aggression. Sie fraßen einfach weiter oder ruhten. Grandioses Erlebnis so nah bei den Moschusochsen zu sein.


    Wenige Meter weiter traf ich auf ein einzelnes Tier, welches ich im hochen Gestrüpp zu spät gesehen habe.



    Auf 15 m Entfernung wirkte die Dame nicht so erfreut, also langsamer und entspannter Rückzug.


    Es war schon 16:00 Uhr und ein netter Ort für das Nachtlager wurde gefunden.



    Gegen 07:00 Uhr wurde ich durch merkwürdige Geräusche geweckt. Offensichtlich war die Herde genau an meinem Zelt. Beim Öffnen des Zeltreißverschlusses waren die Tiere etwas nervös, haben sich aber lediglich ganz geruhsam 30 m fortbewegt und wieder hingelegt.






    Nach ungefähr zwei Stunden (genau während meines sehr gemütlichen Frühstücks mit ganz viel Kaffee) zog die Gruppe langsam weiter.




    Auf geht es Richtung Reinheim.




    An der Selbstversorgerhütte traf ich auf ein norwegischen Päärchen, welches dort Angelurlaub machte. Die Dame berichtete mir, dass die beiden zwei Tage zuvor mit Hund von einer Tagestour auf den Berg Snohetta zurückkamen. Dort trafen sie auf einen einzelnen Moschusbullen. Der war wohl über den Hund nicht so erfreut und verfolgte die Wanderer sehr aufdringlich und aggressiv, so dass sich die Dame hüfttief in einen Fluß zurückziehen musste. Hunde mögen die Muska wohl gar nicht und man sollte auch immer bedenken, dass Wildtiere in ihrem Verhalten nie genau vorhersehbar sind.


    Der Tag war noch früh, so dass ich eigentlich noch Richtung Snohetta hoch wollte. Auf dem sehr gerölllastigen mit Altschneefeldern durchsetzten Weg stellte ich jedoch rasch fest, dass es hier kaum vernünftige Aufstellmöglichkeit für das Zelt gibt. Also wieder runter nach Reinheim. Hinter der Hütte liegt eine nette Wiese. Der kleine See bietet eine perfekte, wenn auch sehr kalte, Bademöglichkeit. Bis zur Dunkelheit hatte sich hier noch zwei weitere kleine Wandertrupps eingefunden, die ihre Zelte aufbauten.







    Am nächsten Morgen ging es über den südlichen Weg am Fluß wieder Richtung Gronbakken. Hier traf ich recht häufig auf kleinere Gruppen von Moschusochen. Zumeist ein Muttertier mit Kalb. Bei der ersten Sichtung (etwa 80 m Entfernung) wurde ich sofort durch deutliches Schnauben gewarnt nicht näher zu kommen. Im weiteren Verlauf waren immer wieder Tiere genau auf dem Wanderpfad, so dass ich größere Umwege einstreuen musste.








    Zum Abend hin wurde nochmal das Zelt aufgeschlagen, obwohl ich auch locker bis zum Startpunkt hätte laufen können. Es ist aber Urlaub und ich bin ja nicht auf der Flucht!




    Am nächtsten Morgen ging es dann wieder ganz entpannt zum Startpunkt zurück.


    Insgesamt ein paar geniale Tage bei perfektem Wanderwetter (tagsüber 19-23 Grad, nachts geschätzte 6 Grad).


    In der dortigen Region ist es tagsüber sehr windig. Etwa ab 09:00 Uhr kommt der Wind auf und ab 18:00 Uhr lässt er nach. Dementsprechend hält es sich auch mit den Mücken in Grenzen. Lediglich morgens früh und in einem kleinen Zeitfenster am Abend wird man belästigt. Dank Nobite Deet 50% wurde ich weitestgehend verschont.


    Gruß Guido

    "Das Leben leicht tragen und tief genießen ist ja doch die Summe aller Weisheit." Wilhelm Humboldt, 1767-1835

    Einmal editiert, zuletzt von smeagol ()

  • Danke für diese tollen Bilder !
    Da kamen jetzt sehr alte Erinnerungen zurück. ^^^^
    Damals, vor 30 Jahren, während des Biologiestudiums im Marburg hatte einer der Profs mitbekommen, dass ich mit Rucksack die Hardangervidda, Jotunheimen, Rondane und eben das Dovrefjell unsicher machen wollte. Sie vermittelte mich dann, da ich großes Interesse hatte, an einen dortigen Prof, der dort die Moschusherde betreute. damals war die Herde "im Aufbau" und noch nicht lange dort und es gab in dieser Zeit erhebliche Probleme weil die Tiere die Witterung nicht gut vertrugen ... na, jedenfalls, die Tage so dicht dran waren der absolute Hammer.
    Leider habe ich da keine Bilder von, hatte auf der Tour eine kleine Minox dabei, die jedoch gleich in den ersten Tagen kaputt ging.

  • Hallo Guido,


    Super Reisebericht wieder mal mit ganz tollen Fotos, danke fürs mitnehmen.

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    Tu eh nur so als würd ich mich auskennen, damit ich auch mitreden kann.
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  • Du hast den falschen Beruf...


    Gruss


    Nö - habe ich nicht! Die "Knipserei" ist reines Hobby, ohne jegliche Verpflichtung. Sie ist auch nur ein Teil des Themas "draußen sein" und "Natur erleben". Mal mehr, mal weniger. Wenn keine ordentlichen Aufnahmen gelingen, ist es auch o.k.

    "Das Leben leicht tragen und tief genießen ist ja doch die Summe aller Weisheit." Wilhelm Humboldt, 1767-1835

  • "Knipserei"... Also das nenne ich mal ein echt dickes understatement ;)
    Mancher Schreiberling für Reiseführer erblasst vor Neid (mein Vater incl., der macht Radwanderführer für den örtlichen Touristikverband in der alten Heimat).


    Ich versteh dich ganz gut, für dich ist das "draussen sein" und die "Knipserei" die Abwechslung vom Alltag. Bei mir, ich bin ja recht viel "beruflich" draussen, sind es meine Edelsteine, bei denen macht mir auch schon lange kein Goldschmied mehr was vor.


    So hat jeder sein Steckenpferd.

  • Schöne Bilder. Am Besten gefallen mir die SW-Aufnahmen. Ich denke Dein Urlaub war entspannt...zumindest drücken das Deine Bilder aus..finde ich.

  • sehr schöne Sache Smeagol :)


    Tolle Fotos, und die halten ja nur einen Bruchteil von dem fest was du da die 4 Tage erlebt hast.


    Die haben dich ziemlich nah rangelassen finde ich, ich weiss ja nicht welche Brennweite aber für ein reisetaugliches (ich rate jetzt mal) sagen
    wir max 300-400mm Tele wärste immer noch recht nah dran gewesen. (die 15-20meter hab ich gelesen...)
    (ruhig und geduldig wie ich dich kennengelernt habe)
    Und so ganz aus den Augen lassen sie dich ja doch nicht, wie die Fotos zeigen.
    Auf jedenfall Respekt auch davor, von denen möchte ich keine Kopfnuss kassieren!


    :winken

  • krupp: Mit den "400 mm" liegst du übrigens ganz richtig!


    Auch wenn ich einen "Foto-Fimmel" habe, sind mir bei solchen Erlebnissen aber nicht die Fotos prioritär. Das Naturerlebnis an sich ist es, worauf es mir ankommt.


    Beispielsweise hatte ich so einen herrlichen Moment auf einer Tagestour (Zubereitung des Mittagsmahles im Wald an einer schönen Lichtung) als wenige Meter neben mir ein schneeweißes Rentier mich aus etwa 10 m Entfernung anschaut, überhaupt nicht irriertiert ist und einfach weiter des Weges zieht. Ich hatte weder die Zeit noch das Bedürfnis diesen Moment fotografisch festzuhalten. Im Kopf bleibt es aber gespeichert.


    Ach scheiße! Ich will wieder da hoch in den Norden!


    Gruß Guido

    "Das Leben leicht tragen und tief genießen ist ja doch die Summe aller Weisheit." Wilhelm Humboldt, 1767-1835

  • Zitat

    als wenige Meter neben mir ein schneeweißes Einhorn mich aus etwa 10 m Entfernung anschaut

    :mädchen


    ja ich weiss, die Fotos sind nebensächlich und oft genug verpasst man die besten Momente (zum knipsen) weil man eh grad die Landschaft geniesst undso,
    oder "nur mal kurz ohne Kamera" los läuft.


    Das mit der Brennweite interessiert mich halt tatsächlich aus rein technischer Sicht, da ich jetzt einige male (auch heute wieder für 1h)
    an einem großem Wildgehe bei uns war, was mir eig als Training/Vorbereitung für die Rothirschbrunft dient.
    Vielleicht hab ich ja dieses Jahr Glück, ist ja bald soweit, ich hoffe im Harz dann endlich zum Schuss zu kommen (mit der Cam freilich),
    letztes Jahr hats nicht geklappt.
    Daher interessieren mich auch immer die technischen Hintergründe etwas, zumal ich maximal ein 400mm (leider nicht sehr lichtstarkes) Sigma habe.
    Aber eig reichen 400mm wenn man sich mühe gibt... Portraitfotos vom röhrenden Hirsch wären natürlich Glückstreffer, ich geb mich auch mit weniger zufrieden.



    Davon ab, schöne Tour Smeagol, aber das schrieb ich ja schon. :winken


  • Hej smeagol !


    Dein "bildlastiger Bericht" ist sehr beeindruckend!
    Und nicht ausschließlich die Fotos, natürlich auch die Beschreibung. Ich kenne Moschusochsen
    nur vom Fernsehen. Es sind sehr interessante Tiere aus der Urzeit, merkwürdigerweise aus der
    Familie der Ziegen. Deine ganze Wanderung im Dovrefjell ist hochinteressant. Ich hatte dort
    nie die Möglichkeit, Moschusochsen zu sehen, ich war nie lange genug da.


    Attaan






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