Hohlbeitel aus Stoßdämpferfeder

  • Hallo zusammen!


    Ich habe ja in letzter Zeit an dem ein oder anderen Holzgefäß rumgeschnitzt und bin dabei zu der Erkenntnis gelangt, dass einem Löffelmesser beim aushöhlen solcher Sachen gewisse Grenzen gesetzt sind.
    Das nächst gröbere Werkzeug für solche Aufgaben wäre ein Hohlbeitel - quasi ein Stecheisen mit gerundeter Klinge.
    Die normalen Hohlbeitel die es im Baumarkt zu kaufen gibt sind aber relativ klein, teuer und haben alle eine Art Erl mit einer sogenannten "Krone" als Stopper für den Holzgriff. Zudem benötigt diese Form eine Blechzwinge die den Griff gegen aufplatzen sichert.
    In der Herstellung ist diese Form zwar auch relativ einfach, hat aber den Nachteil, dass man in den Griff erst ein Loch einbohren, und der Griff genau in die Zwinge passen muss, was im Outdooreinsatz etwas unpraktisch ist ,wenn wirklich mal der Griff kaputt geht.
    Meine Idee war anstatt des Erl, eine Tülle wie an einen Pfeil oder Speer zu schmieden. Das hat den Vorteil, dass die Verbindung zum Griff stabiler ist und man jedes beliebige Stück Holz anspitzen und als Griff verwenden kann. Solche Stecheisen mit "Steckverbindung" gibt es ; Sind aber eher selten.



    Beim "Containern" hab ich mir dieses Stück einer relativ großen Feder an Land ziehen können. Ich vermute es handelt sich um einen Teil einer Stoßdämpferfeder eines größeren Fahrzeug und hat die richtige Abmessung für einen ordentlichen Hohlbeitel.


    Kleine Info über Federstahl:
    Bei Stahl aus dem Schrott weiß man oft nie genau was man da gerade hat, und gerade Federstähle gibt es viele verschiedene, hilfreich ist dabei zu wissen, dass die allermeisten rostenden Federstähle mehr oder minder ähnlich in der Zusammensetzung und Wärmebehandlung sind.
    Bei Druck- oder Zugfedern wie in diesem Fall werden meistens silizumlegierte Stähle verwendet, was dem Stahl eine besonders hohe elastizität verleiht. Wohl mit am häufigsten vertreten ist hier der 55Si7 (0,5 -0,6% Kohlenstoff, 1,6 -2% Silizium,0,6 -0,9% Mangan) geringe Mengen an Chrom können auch drin sein.
    Tellerfedern und Sicherungsfedern für Schrauben werden teilweise auch aus Chrom/Vanadium legierten Stahl hergestellt. Diese sind etwas fester und weniger elastisch.
    In manchen Fällen wird auch unlegierter Vergütungsstahl wie z.B. C60 oder C70 für Federteile verwendet.
    Allen gemein ist der relativ niedrige Kohlenstoffanteil von ca.0,5 -0,7% was insgesamt für ein verhältnismäßig "gutmütiges" Verhalten bei der Wärmebehandlung sorgt.





    Zurück zum Hohlbeitel:
    Mit der Flex habe ich mir ca. eine halbe Windung abgetrennt. Dieses Stück wird im Feuer erhitzt und dann langsam soweit aufgebogen bis man es gerade Hämmern kann.




    Im nächsten Schritt wird auf dem Amboshorn, unter ständigem drehen, mit der Hammerfinne eine Verjüngung in den Rundstahl geschlagen.




    Danach wird der vordere Teil abgeflacht.



    Danach habe ich den hinteren Teil nochmal mit der Trennscheibe gekürzt, um ungefähr die richtige Länge für die spätere Tülle zu bekommen.



    Dann wird der hintere Teil mit der Hammerfinne soweit wie möglich aufgefächert, und anschließend bis auf ein - zwei Millimeter abgeflacht.



    Wenn dies geschehen ist kann die Tülle eingerollt werden. Wichtig ist dabei ganz vorne am Übergang zum Schaft anzufangen. Wenn man hinten anfängt rollt sich sie Tülle nicht richtig ein und man bekommt keinen Konus sondern nur eine Art Rohr.




    Wenn die Tülle fertig ist, wird die Rundung der Schneide auf dem Amboshorn geformt. Das andere Werkstück im Bild ist die "Alphaversion" die ich zur Probe vorher aus einem Stück C45 Rundstahl geschmiedet habe. C45 ist zwar normal etwas zu weich für solche Werkzeuge aber für Frisch - oder Nadelholz auch noch vollkommen ausreichend.




    Wenn das Werkstück soweit in Form gebracht ist, kann man die Klinge grob vorschleifen und das Werkstück Normalglühen um die beim schmieden entstandenen Ungleichmäßigkeiten im Gefüge zu beseitigen. Die Temperatur zum Normalglühen musste ich zwar schätzen weil ich mir nicht sicher sein konnte um welchen Stahl es sich genau handelt, aber bei den allermeisten Federstählen sind es zwischen 850 und 900 Grad C. Viel genauer bin ich mit dem Kohlenfeuer und der Orientierung an den Glühfarben ohnehin nicht.
    Nach dem Normalglühen wird gehärtet. Das macht man dann bei etwas niedrigerer Temperatur zwischen 820 und 850 Grad in Öl.
    Wem es dabei nicht hart genug wird, kann Stähle mit so wenig Kohlenstoff auch noch in Wasser härten. Das birgt ein bisschen mehr Härte aber auch ein gewisses Risiko und ist für meine Zwecke in diesem Fall unnötig.
    Der Stahl lässt sich nach dem härten mit einer ganz feinen Feile gerade noch ein bisschen feilen, was für 55Si7 oder C60 im Rahmen des normalen liegt.



    Zum Schluss habe ich den Hohlbeitel noch direkt im Feuer angelassen. Dabei habe ich das Ende in die Glut gelegt und gewartet bis die Anlassfarben bis ca. in die Mitte des Vorderteils gewandert sind, um an der Schneide nicht zuviel härte zu verlieren.
    Anlassen im Backofen wäre natürlich genauer, aber so bleibt die Schneide etwas härter. Bei Federstahl sollte man mit dem anlassen auch nicht übertreiben, 180 Grad C sind für mich da das Maximum danach wird er schnell wieder relativ weich.





    Gleich nach dem abkühlen habe ich einen kleinen Praxistest vollzogen, als Griff dient ein abgebrochener Hammerstiel den ich etwas in Form geschnitzt habe. Die Idee mit der Tülle funktioniert ganz gut, nach zwei drei Schlägen auf das Griffende sitzt der Holzgriff bombenfest.





    Nicht ästhetisch aber praktisch!
    Sieht etwas derb aus, arbeitet aber einwandfrei. Wo ich mit dem Löffelmesser ca. eine Stunde gearbeitet habe, brauch ich mit dem Beitel ca. 10 - 15 Minuten, auch Äste und andere harte Teile im Holz können damit noch gut bearbeitet werden. Bei einer breite von Rund 35mm ist das Teil natürlich nichts für die Feinheiten aber wenn man schnell Material abtragen will echt super.
    Der Hammerstiel bleibt auch erst mal, wenn man längere Zeit auf dem Ende herumhämmert ist der Griff so oder so irgendwann hin und muss gewechselt werden.
    Außerdem war das herstellen des Hohlbeitels verhältnismäßig angenehm, wenn man bedenkt das man die gesamte Form schmieden kann und fast nichts schleifen muss. Vielleicht mach ich noch ein paar kleinere mit der herkömmlichen "Erl und Krone" Form.


    Hoffe euch gefällt`s, ist mal was anderes aus Stahl -


    LG Holger

  • Ich hab mich hier ja lange nicht zu Wort gemeldet.
    Aber heute muß ich es mal tun.


    Eine sehr gute Arbeit hast du da abgeliefert !!! Der Hohlbeitel gefällt mir sehr gut, mach bitte weiter so !!!

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