Feuer bei Dauerregen

  • Hej Leute!


    Letzte Woche hat es bei mir mal wieder mehrere Tage am Stück, mit nur kurzen Unterbrechungen geregnet, also habe ich hier mal einen "Evergreen"
    der Outdoorszene ausgegraben, und mich nochmal im Feuer machen bei vollkommen durchnässter Umgebung trainiert.


    Das Thema ist sicher hier und da schon angesprochen worden, aber meist nur am Rande und mehr Theoretisch als Praktisch.
    Also bin ich mal so frei und zeige hier wie ich die Sache angehe. Möglichst schlicht und ohne exotische Brennholz- oder Zunderarten.




    Das aus meiner Sicht wichtigste beim Feuer machen bei Nässe ist, ein Zunder der Möglichst lange brennt. Das ist wichtig damit auch feuchtes nachgelegtes Holz genug Zeit hat um Flamme zu fangen.
    Wenn man nun nicht gerade schon fertigen Zunder von Zuhause dabei hat, kommen hier vor allem Fichtenharz und Kienspan in frage.
    Weil Kiefern in meiner Umgebung relativ selten sind, und weil sich Fichtenharz leichter Sammeln lässt, beschränke ich mich auf Fichtenharz.




    Fichtenharz hat man lieber zuviel als zuwenig, also sollte man schon eine Hand voll davon sammeln. Damit ich mich nicht zusehr einsaue und das Harz nicht noch nasser wird wickele ich es in ein paar Blätter ein.




    Von Birkenrinde wird ebenfalls oft behauptet, dass sie sich gut als Anzündhilfe bei Nässe eignet. Leider brennt auch Birkenrinde nach langem Regen nicht mehr oder nur sehr kurz. Wenn wie hier noch viel Moos auf der Rinde wächst ist diese oft mit Wasser nahezu gesättigt.



    Was man allerdings machen kann, ist das Moos abschaben und die gesammelte Rinde in der Hosentasche durch die eigene Körperwärme Trockenen. Je nach Menge ist die Rinde nach 20 -30 Minuten so weit getrocknet, dass man sie wieder anzünden kann.
    Trotzdem bleibt Birkenrinde für mich definitiv zweite Wahl als Zunder bei Nässe.


    Was ich hier auch noch erwähnen möchte sind die Kolben vom Rohrkolben, welche im inneren auch nach sehr langen Regenperioden noch trocken bleiben. Allerdings eignen sich auch diese nur um den ersten Funken aufzufangen, und verbrennen dann sehr schell ohne viel Hitze an das übrige Brenngut abzugeben.




    Auch ein viel zitierter Aberglaube ist, dass die dünnen abgestorbenen Zweige an Fichten auch bei Regen noch Brennen. Dies funktioniert nur, wenn es mal kurz geregnet hat und man Zweige an einer gut geschützten Stelle findet. Nach zwei bis drei Tagen Schmuddelwetter kann man diese Zweige aber vollkommen vernachlässigen. Erst recht wenn wie hier noch die Rinde dran ist.




    Wenn man nun genug Zunder zusammen gesucht hat, braucht man einen geeigneten Ort für das Feuer. Wichtig ist, dass es nicht direkt hineinregnen kann solange das Feuer noch klein und empfindlich ist.
    Aus Zeitgründen habe ich hier einfach mal den Poncho aufgespannt. :tarp




    Nasses Laub oder Tannennadeln am Boden müssen entfernt werden weil diese sehr viel Wasser speichern, und der aufsteigende Wasserdampf das Feuer ersticken würde.




    Nachdem ein einigermaßen geschützter Ort für das Feuer gefunden/errichtet ist, kann man mit der Suche nach Brennholz beginnen.
    Optimal ist stehendes totes Holz wie dieses hier. Allerdings braucht man für ein solches Bäumchen auch das passende Werkzeug, welches ich natürlich nicht ständig mit mir rumschleppe.



    Tote Äste wie dieser hier sind auch noch ganz gut. Die für mich wichtigsten Kriterien sind dabei:
    1. Das Holz sollte nicht am Boden gelegen haben.
    2. Die Rinde sollte schon ab sein oder sich leicht entfernen lassen.
    3. Das Holz sollte dick genug sein um sich spalten zu lassen.






    Wenn man genug Holz beisammen hat ,muss man die nasse Rinde entfernen weil diese den größten teil der Nässe speichert. Zusätzlich schabe ich das Holz mit dem Messer ab um auch die feuchten und fauligen Teile zu entfernen.
    Die so bearbeiteten Holzstücke sind schon fast trocken, brennen aber immer noch relativ schlecht.






    Um an wirklich trockenes Holz zum entzünden des Feuers zu kommen, werden die Stücke nun noch in Viertel gespalten.




    Danach werden aus dem inneren der geviertelten Äste Federkiele geschnitten. Hierbei sollte man nicht zu geizig sein und ruhig eine ordentliche Anzahl solcher Federkiele anfertigen.




    Jetzt kann man auch die Feuerstelle vorbereiten, indem man min. zwei Lagen der vorbereiteten Hölzer übereinander stapelt, um etwas Abstand zwischen den nassen Boden und das Feuer zu bringen.
    Optimal wäre hier eine Unterlage aus Stein oder eine Art geschnitztes Brett.




    Nun werden Stücke der in der Hosentasche getrockneten Birkenrinde, in das gesammelte Harz gedrückt und angezündet. Es geht auch nur mit Federkielen und Harz, aber die Birkenrinde eignet sich, wenn sie erst mal getrocknet ist, etwas besser zum anzünden.
    Ich benutze hier das Benzinfeuerzeug, wer sich mit seinem Firesteel quälen möchte kann dies gerne tuen. Funktionieren tut es auch aber wenn ich schon im Patsch hocke und versuche ein Feuer anzubekommen ist mir das Feuerzug ganz ehrlich lieber.






    Nun wird ganz vorsichtig mit den Federkielen nachgelegt. Dadurch das im Boden im Holz und im Harz immer noch etwas Wasser verdunstet ist die Flamme sehr empfindlich, und man sollte nur sehr langsam nachlegen.





    Wenn das Feuerchen dann erstmal einigermaßen ordentlich brennt, lege ich gerne die dickeren Holzstücke blockhausartig um das Feuer herum. Bei diesem Aufbau kann von allen Seiten Luft an das Feuer gelangen und der Wasserdampf kann entweichen ohne das Feuer zu ersticken. Trotzdem sollte man natürlich kein klatschnasses Holz nachlegen.




    Hier erkennt man gut wie die Feuchtigkeit aus dem Holz austritt.





    ... Und zu guter letzt eignet sich der Aufbau auch gut zum drauf Kochen. :lagerfeuer


    So denn...
    So macht man / mache ich Feuer, wenn es mal wieder tagelang regnet und wirklich alles patschnass ist. Das ist für viele hier bestimmt nichts neues mehr, aber ich finde, dass es zu den wichtigen "Skills" gehört ,die man ab und an mal üben sollte.
    Abschließend möchte ich noch erwähnen, dass der Aufwand und die Arbeit die man sich für so ein kleines Feuerchen im Regen machen muss schon ziemlich heftig sind, weswegen ich bei länger anhaltenden Mistwetter auch immer einen Kocher, oder zumindest einen Hobo mit fertigem Zunder bevorzugen würde. Selbst mit besserem Werkzeug müsste man schon einige Stunden Arbeit investieren um so ein Feuer z.B. über Nacht am laufen zu halten.


    LG an alle Holger! :winken

  • Spitze beschrieben und sehr gut bebildert !!


    Als Unterlage auf dem nassen Boden eignen sich meiner Erfahrung nach auch einige Schichten kleine, tote Fichtenäste. Vor der Verwendung "schleudern", also am langen Arm rotieren oder wie eine Peitsche durch die Luft schalgen. Dann ist fast die gesamte Oberflächenfeuchte weg und isoliert gut gegen die Bodenfeuchte. Nebenbei trocknen die dann sehr schnell "unter dem Feuer" und geben bei Bedarf immer mal "Nachschub" als "Wideranfacher" falls das Feuer mal kränkelt. Können von unten rausgezogen und oben aufgelegt werden.
    Ich weiß, quick and dirty.


    Kann man ja auch mit Deinem Blockhaus kombinieren!

  • Tolle Anleitung. Alles wichtige hast du geschrieben. Danke dafür :gb


    Ja da sagst du was. Fichtenharz hat mir schon oft aus der Patsche geholfen. Bei der Birkenrinde muss man nicht nur das Moos, sondern ggf. auch den Bast von der Unterseite abkratzen. Bei toter Birke bleibt der gerne dran und ist klatschnass. Wie du schon sagtest, Fichtenharz ist zuverlässiger.


    Die Fichtenzweige würde ich nicht komplett ins Land der Märchen verbannen. Klar die sind auch nass, aber geben immer noch gutes Anzündholz ab wie stehendes Totholz. Ab einen bestimmten Punkt muss man die aber auch wie beschrieben behandeln oder das ganze mit übertrieben viel Zunder entfachen ^^


    Wie du hatte ich auch den Aha-Effekt "So geil sind die Fichtenzweige gar nicht".


    Ein Feuer hebt bei Nässe ungemein die Moral :lagerfeuer Das ist die Arbeit wert, zumindest fürs lagern.

  • Toller Bericht Holger. Deine Beobachtung mit dem Rohrkolben kann ich voll bestätigen. Ich war vor kurzen auf einem Intensivkursus auf der Kalteiche und wir haben viel mit Rohrkolben gearbeitet, bei hoher Feuchtigkeit und Nachtfrost. Das Material glimmte zu kurz und du musstest schon schwer auf Zack sein, um die Glut dann weiter zu bearbeiten.

  • Das ist ja mal ein klasse Feuer Bericht. Da fehlt echt kein Schritt. Die Rinde abschaben muß ich mir merken. habe bisher immer nur aufgespalten und gefasert.
    :gb

    Schöne Grüße
    Rosi



    Nur wenn wir Erwachsene Kinder in die Natur führen, lernen sie diese zu schätzen.

  • Hallo liebe Outdoorfreunde!
    Hatte letzte Woche ähnliche Probleme. Alles war total nass. Erschwerend kam hinzu, dass ich im NSG war und nur Feuer im Hobo machen konnte / wollte und dass ich mein Lager in einem Laubwald aufgeschlagen hatte (leider sieht man das vorher auf der Karte nicht^^).
    Ergo: Ich hatte zwar recht trockenes Gras, da es ein paar Stunden in der Sonne stand. Dies verbrennt bekanntlich schnell. Für die kleine Brennkammer des Hobos aber ungeeignet.
    Harz hatte ich aber leider nicht zur Hand.
    Ich hatte auf dem Weg aber einen Rohrkolben eingesammelt. wirklich erstaunlich, wie dicht gepresst das Zeug ist! Daher im inneren trocken. Nur ich weiß wirklich nicht, warum Rohrkolben als Zundermaterial in der Literatur angepriesen werden... Das faserige Material verbrennt in Sekunden schnelle. Eigentlich kann man auch nicht von verbrennen sprechen, sondern von verglimmen. Ich halte das Zeug als Zunder für ungeeignet, oder gibt es da einen Trick?



    ps: es wurde leider nichts aus dem Feuer.... :heul

  • Normal wird der Rohrkolben noch aufbetreitet und nitriert, dann geht der ab wie sonstwas. Es reicht ja auch fürs Feuer-machen wenn er glimmt, hauptsache gleichmässig damit man eine Basis hat.
    In Laubwäldern kann man auch ein Feuer machen, nur muss man halt sehr stark nach Zunder und trockenem Material ausschau halten. Birkenreisig ist zb zum Starten ganz gut, verbrennt aber auch schnell, hinterlässt dafür aber eine rel. heisse Glut für eine kurze Zeit.

    *********************
    "Rückblickend betrachtet mag das eine ziemlich doofe Idee gewesen sein... Aber Spaß hats trotzdem gemacht."
    *********************

  • [..]Das faserige Material verbrennt in Sekunden schnelle.[..] äähhhm, ist das nicht einer der Grundeigenarten von ZUNDER. Dinge die einfach brennen, brennen auch schnell weg. Der ZUNDEr ist ja auch nur zum anZÜNDEn. ;)


    Wenn Rohrkolben bei mir geglommen hat, dann waren das die Stellen, welche nicht genug aufgefächert waren. Aber ja, um die Flamme zu fangen, sollte man direkt mit einem Feuernest arbeiten, da sie schnell und stark ist.

    "Die Natur kümmert sich nicht um die Menschen, welche sich nicht für sie interessieren. Aber denjenigen die es tun, denen gibt sie alles, was diese brauchen." Sylvain Tesson: In den Wäldern Sibiriens

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!