MYOG Messerthread

  • Hier sind noch drei Messerchen, die ich schon vor einiger Zeit geschmiedet habe. Ursprünglich waren das mal Schrauben. (glaube Festigkeit 8.8)
    Die Scheiden habe ich zum ersten Mal so gemacht, nur aus Holz. Verstiftet und geleimt, anschliessend in heissem Wachs behandelt.


    Beim Härtetest (hatte das grösste, schönste :) bei den Pfadfindern mit dabei) Ist mir ein Junge "huckepack" aufgesprungen.Beim Runterrutschen hat er sich am Messergriff verfangen und den Gürtel"clip" von der Scheide gerissen. Die Stifte bliben alle drin (Im weicheren Holz der Scheide), sodass der Clip sich wieder aufstecken liess. Ich werde wohl eine Schnurwicklung machen, die den Clip an der Scheide fixiert. in alle anderen Richtungen halten ihn die Stifte..


    Seid gegrüsst, Lort

  • Joa der rohe Schmiedelook gefällt mir auch, die Holzscheiden finde ich auch ganz interessant.
    Sind die "Bretthelften" innen ausgeformt und dann verleimt und verstiftet?


    Zu der 8.8er Schraube kann ich noch ein bisschen klugscheissen. Ich habe mich da auch mal etwas schlau gemacht und bin zu der Erkenntnis gelangt, dass die Festigkeit keinen direkten Zusammenhang mit dem verbauten Material hat. Soll heissen: Ob du nun 6.8, 8.8 oder 10.9 nimmst ist im Grunde egal weil alle aus dem selben Stahl sein können. Nur die Wärmebehandlung ist jeweils anders.
    Ich habe so den Eindruck, dass vor allem die größeren Durchmesser etwas mehr Kohlenstoff haben. Im besten Fall ist es ein C45. Bei den kleineren Durchmessern kann es auch Bor oder Chromlegierter C20 oder C30 sein. Das wäre dann für Messer leider etwas wenig.


    :winken

  • danke erstmal :)


    -ja, die Brettchen hab ich mit dem Stemmeisen relativ grob ausgestemmt (so gut ich konnte halt..) Die Messer halten recht gut drin; das Holz ist ja ein wenig elastisch.
    Zum Stahl: ja, megahart wurden die nicht.. Die Feile greift noch. Mir reicht das aber eigentlich. Die Klingen fühlen sich ziemlich federnd an, bis zum Biegen oder Brechen möchte ich sie aber nicht belasten.. ;)


    achja, der "rohe Schmiedelook" ist natürlich Absicht, und keineswegs meiner Ungeduld und Faulheit geschuldet! :D

  • Hier zwei neue Messer. Ich hatte mal eine Idee und diese ausprobiert: beim "batonisieren" im Wald hab ich mir gedacht, es wär doch praktisch, ein Messer zu haben das gleichzeitig als Stechbeitel funktioniert. Vor allem für konstruktives Bushcraften. Gesagt, getan.


    Das grössere ist für mich, das kleinere für meine Frau. Die beiden Messer sind bestimmt keine Kunstwerke, sondern Werkzeuge. Das kleinere hat einen Schleiffehler in der Klinge, stört aber vor allem den Stolz.


    Die Klingen sind wie üblich aus alten Kreissägeblättern, die Griffe aus dem stabilen Schichtholz, mit 4mm Messingnieten.
    Die Scheiden bestehen aus Resten von Förderband-Decke, sowie aus gebrauchten Gummitüchern (meine Frau ist Offset-Drucktechnologin ;) )


    Die Tests waren ziemlich erfolgreich. Man Kann mit dem Messer und einem Schlagholz ziemlich genau arbeiten. Trennen von Hölzern, Grade Flächen stemmen, Kerben um Runde Äste über Kreuz zu verbinden.. Ein Zimmermann könnte wahrscheinlich sogar einen Schwalbenschwanz anfertigen damit. :) Die Spitze vermisse ich eigentlich nicht, dafür hat man ja noch ein Opinel dabei.


    Bastlergruss, Lort

  • Die Stechbeitel-Spitze finde ich mal richtig originell und bisher habe ich so ein Design auch noch nie gesehen
    bei den "Wald & Wiesen" Messern.
    Aber es macht absolut Sinn, man muss eben nur erstmal auf die Idee kommen !


    Wie hast du es eig angeschliffen? (sieht man auf den Fotos nicht so genau ob 1 oder 2 seitig)
    Stechbeitel haben doch normalerweise nur einen einseitigen Schliff aber vermutlich ist das
    für den Wald auch egal, wird ja keine Kunsttischlerei :unschuld .


    Jedenfalls Superidee die sofort das "will ich auch ham und ausprobieren" Zentrum im Gehirn aktiviert hat,
    und das morgens um 6 Uhr... :beten

  • Danke. :)
    Ich glaube, ich hab mal so ne Art Arbeitsmesser in nem Baumarkt gesehen, die ein wenig ähnlich war. Allerdings in Luxtool-Qualität.. Und mehr Meissel als Messer.
    Die Messer sind wie bei mir üblich Zweiseitig angeschliffen. Scandi nennt man das wohl. Scheint gut zu funktionieren.
    Bin gespannt, wie deins wird, falls dus auch mal baust!


    Gruss L.

  • Hallo zusammen;


    Auf Grund des kürzlich verstrichenen Weihnachtsfestes, war ich so frei ein paar selbstgemachte Messerchen zu verschenken.
    Diese Gelegenheit habe ich dazu genutzt, eine kleine "Konzeptstudie" vorzunehmen. Der Hintergrund dazu begründet sich darauf, dass ich Messer im "nordischen Style", also mit schön konturierten voluminösen Griffen in Verbindung mit einer schlanken führigen Klinge, für sehr praktikabel halte. Außer dem sehen solche Puukko Messer recht altmodisch und zivil aus so, dass man nicht gleich für einen Terroristen gehalten wird, wenn man mit sowas am Gürtel in den Bus einsteigt oder zum Bäcker geht. Der Nachteil der klassischen Puukko Messer ist allerdings, dass fast alle diese Messer eine Steckangel haben. Ein gut gemachter Steckerl hält im Normalfall auch einiges aus, ist aber im vergleich zu einem "Full Tang" - Flacherl doch schon deutlich weniger robust.


    Erstaunlicherweise stellen nordisch aussehende Messer mit Full Tang selbst auf dem heutzutage völlig übersättigtem Messermarkt eine echte Rarität dar. Es gibt zwar das Mora Garberg und das Terävä Puukko, aber die haben wieder so einen sehr unästhetischen Kunststoffgriff, was bei einer so altmodischen Messerform einfach unpassend wirkt. Am ehesten meiner Vorstellung entsprochen haben da noch die Messer von Casström und Enzo aber auch diese fand ich etwas inkonsequent umgesetzt.




    Also hier der Entwurf auf Pappkarton. Ich habe mich da ganz grob an meinem alten Mora orientiert und den Umriss einfach mal "schön gezeichnet". Die Klinge ist ca. 100mm lang und der Griff ca. 115mm.




    Weil ich nicht viel Zeit hatte habe ich hierfür ausnahmsweise mal Flachstahl gekauft. Es handelt sich um einen 80CrV2. Dass ist ein recht einfach zusammengesetzter Kaltarbeitsstahl welcher im Spektrum so ziemlich in der Mitte zwischen hart und zäh- elastisch liegt.
    Der sollte eigentlich 3,2mm dick sein war aber 3,6mm dick und etwas krumm. Wenn man nicht alles selber macht... :motz
    Für mich war das aber relativ egal bzw. leicht zu beheben.




    Hier ist mir auch klar geworden, warum es solche Messer so wenig gibt: Man hat viel Verschnitt welchen man irgendwie loswerden muss.
    Bei "normalen" Bushcraft Messern diktiert die Höhe der Klinge auch immer die Höhe des Griffes. Will man nun einen etwas voluminöseren Griff hat man meist auch eine sehr hohe Klinge, was wiederum für ein kleines Messer unpraktisch ist. Mit meinem Entwurf habe ich mal versucht dies zu umgehen.
    Mein bevorzugtes Mittel der Wahl ist ein leichter 115er Winkelschleifer mit einer 40er Lamellenscheibe. Damit haut man relativ flott eine Masse Material weg und kommt auch noch in die meisten Rundungen rein.



    Nach nicht ganz zehn Minuten sieht das dann so aus. Wichtig dabei ist sich gewissenhaft zu verhüllen. Besonders beim groben arbeiten mit der Flex kommen die Späne auch oft an Stellen wo man sie nicht braucht bzw. auch nach Tagen noch aus Mund und Nase.




    Die kleineren Innenradien mache ich inzwischen am liebsten mit dem Dremel. Man kann natürlich auch eine Feile benutzen aber mit dem Dremel wird die Oberfläche gleich viel schöner.






    Den Anschliff der Klinge habe ich dann am Bandschleifer gemacht. Hier habe ich mich wieder an den altmodischen nordischen Messern orientiert und den Scandi relativ weit hoch gezogen. Die Klinge hat einen Schneidwinkel von ca. 23 Grad was schon ordentlich flach ist.
    Aus diesem Grund habe ich auch den etwas unscheinbaren Stahl ausgewählt. Ein extrem harter oder hochlegierter Stahl kann solche Winkel kaum halten ohne Ausbrüche zu bekommen.




    Hier ist das Messer nach dem härten und anlassen. Davor hatte ich noch die Löcher reingebohrt.





    Hier habe ich die Griffschalen gebohrt. Damit nichts verwackelt habe ich die Bohrer gleich in den Löchern gelassen.
    Beim durchsehen der Bilder ist mir aufgefallen, dass ich die Klinge weder gesichert noch umwickelt habe. Die Klinge war zwar noch stumpf und ich habe nur das Holz durchgebohrt aber dennoch ist das Sicherheitstechnisch etwas unelegant. :unschuld
    Macht das also nicht zuhause nach.




    Dann ist mir auch eingefallen, dass noch rote Liner unter die Griffschalen machen wollte. Also nochmal bohren.



    Danach werden die Backen an der Vorderkante angepasst. Hierbei ist es wichtig diese vor dem verkleben fertig zu schleifen, weil man an diese Stelle nachher nicht mehr herankommt.



    Wenn die Vorderflächen plan sind kann man die Griffschalen schon mal grob vor bearbeiten und dann verkleben. Wichtig hier: Den Kleber der vorne rausgequetscht wird sofort abwischen. Wenn der an dieser Stelle antrocknet bekommt man ihn nur noch schlecht wieder weg.





    So sieht das gute Stück dann mit grob in Form gebrachtem Griff aus. Solche groben arbeiten am Griff mache ich am liebsten mit der Raspel.
    Mit dem Bandschleifer ginge es auch nur unwesentlich schneller und man läuft Gefahr den Kleber zu überhitzen. Beim Raspeln muss man aber je nach Holz darauf achten, dass man keine Fasern ausreist. In diesem Fall handelt es sich um Serpent Wood was schon etwas grobfaserig ist, aber wenn man ein wenig aufpasst geht das schon.





    Hier kommt jetzt ein kleiner Zeitsprung. Während der langen Stunden meditativer Schleifarbeiten an Griff und Klinge ist es mir irgendwie
    entfallen Fotos zu machen. Aber ich denke all zuviel interessantes gab es da auch nicht zu sehen. :schäm










    Eine schlichte Scheide habe ich natürlich auch noch dazu angefertigt. Hier zusammen mit Weihnachtsgeschenk Nr.2 einem eher konventionellen Bushcraft Messer. Anstatt der üblichen Gürtelschlaufen habe ich an den Scheiden einen Rundkarabiener angebracht. So kann man die Messer schnell und ohne Gefummel in die Gürtelschlaufen oder auch sonst irgendwo einhängen und falls nötig auch schnell wieder abhängen.
    Ich denke mal der Versuch vom Puukko Messer mit echtem Full Tang ist mir ganz gut geraten. Mit der auf 23 Grad auf null geschliffennen Scandischneide kann man natürlich weder Nägel zerkloppen noch Granit schneiden. Dafür zerfällt normales Schnittgut schon bevor man die Schneide ansetzt. Soll heißen : Damit Holz oder ähnliches zu schneiden kommt richtig gut.


    Wenn es die Zeit hergibt werde ich mir auch noch so eins machen. Was ich bein nächsten mal anders machen werde ist erstens: Ich werde mehr Löcher in den Griff bohren um ein bisschen Gewicht zu sparen. Durch den großen Full Tang Griff ist das Messer auch etwas schwerer als es bei der Größe sein müsste.
    Zweitens: Möchte ich den Griff beim nächsten mal aus stabilisiertem Bambus oder stabilisierter gestockter Buche machen. Somit wäre der Griff völlig Wasser und Schmutz resistent und es sieht immer noch nach Naturmaterial aus.


    LG an alle -


    Holger :winken

  • Hallo zusammen;


    Ich habe hier mal was ausgegraben, dass ich schon vor Monaten schreiben wollte; Aber mit der Anzahl der Kinder wird die Zeit für so was einfach nicht mehr. :unschuld
    Also gibt´s heute quasi frisch aus der Babaypause mal eine Historische Replik.
    Sinn und Zweck für das Messer war, dass ich ein großes Kochmesser für draußen haben wollte, welches ausreichend robust sein sollte um auch mal ein paar Anmachhölzchen zu spalten oder ein paar Brennnesseln und Brombeertriebe wegzuschneiden. Beim stöbern im Netz bin ich dann über diese trade knife´s oder Scalper aus der amerikanischen Pelzhändlerzeit gestoßen, welche ziemlich genau meinen Vorstellungen entsprochen haben.
    Ich bin da historisch nicht ganz so belesen, aber bei den verschiedenen Formen welche im 18ten Jahrhundert verbreitet waren unterscheidet man hauptsächlich unter der englischen und der französischen Form. Der Unterschied besteht darin, dass die englische Form nach oben gekrümmt ist und die französische einen relativ geraden Rücken oder eine drop point Form aufweist. Es gibt aber sicher auch einige Abweichungen. So richtig schlau bin ich da bei meinen Recherchen nicht geworden.
    Jedenfalls habe ich mich dazu entschlossen die Französische form nachzubauen weil mir die leichte drop point Form besser gefällt.




    Als Ausgangsmaterial dient hier ein Rundstahl C45. Es müssten 15 oder 16mm im Durchmesser gewesen sein. Ich hätte sicherlich auch genug besseren Stahl rumliegen gehabt aber ich wollte mal wenigstens ein bisschen historisch korrekt vorgehen, und habe einen möglichst einfachen Werkstoff ausgewählt. Außerdem: Wenn man mit Indigenen Tauschhandel betreiben möchte, welche jetzt nicht so die Vollprofis in Metallurgie sind, greift man wahrscheinlich zu eher günstigen Rohstoffen. - Denke ich mir jedenfalls.
    Nebenbei bemerkt braucht man für ein funktionelles Messer auch gar keinen besonders tollen Stahl. Bei halbwegs gelungener Wärmebehandlung sind auch bei einem C45 Härten von 52 bis 56 HRC realistisch, was im Grunde auch ausreichend ist.





    Als erstes wird der Rundstahl etwas zugespitzt. Dies ist im vollen material noch wesentlich einfacher als hinterher wenn der Rundstab schon flach gehämmert ist.






    Danach wird der ganze Bereich abgeflacht.




    Nun wird auf der Ambosskante ein Stück für den Erl abgesetzt.




    Und ebenfalls abgeflacht.




    Danach wird die Schneide so weit wie möglich ausgearbeitet. Umso mehr man hier schmiedet, umso weniger muss man hinterher schleifen was "unterm Strich" viel Zeit und Material einspart.




    Wenn die Klinge weitestgehend ausgeformt und begradigt ist wird das überschüssige Material am Erl abgetrennt, womit der Rohling auch schon fertig wäre. Alles in allem eine recht anspruchslose Schmiedearbeit bei der man einfach mal meditativ einen Rundstahl platt kloppen kann. Muss auch mal sein...





    Weil das Ganze etwas archaisch aussehen sollte, bin ich mit dem Rohling auch gar nicht erst an den Bandschleifer gegangen, sondern habe den Balligen schliff einfach mit der Flex und ´ner 40er Lamellenscheibe per Augenmaß gemacht. Das ist nicht sonderlich professionell, geht aber schnell und wenn man ein wenig Gefühl dafür hat wird das Ergebnis auch halbwegs annehmbar.




    Weil meine Esse keine gleichmäßige Temperatur über mehr als 15cm Länge bringt, bin ich zum Grillfeuer umgezogen und habe diesem mit der Heißluftpistole kräftig eingeheizt um genug Glut und Hitze zu erzeugen. Das ist nun auch wiederum nicht ganz professionell aber bei einem derart einfachem Stahl wie C45 kann man das mal machen. Wichtig ist hier das Werkstück einige male zu normalisieren bevor man härtet. Ach ja; und ein paar löcher in den Griff gebohrt hatte ich da auch noch.




    Abgeschreckt habe ich dann in vorgewärmten Öl. Bevor jetzt einer ankommt und behauptet :" C45 ist aber ein Wasserhärter!" :schlaubi
    Ja... C45 ist ein Wasserhärter und wird in Öl noch weniger hart als ohnehin schon. Aber: Werkstücke wie Messerklingen mit nur wenigen Millimetern dicke, härten auch in Öl vollständig durch. Wenn man derart filigrane Teile in Wasser abschreckt, werden die Klingen sehr oft krumm, bekommen eine wellige Schneide und/oder Risse. Dieses recht hohe Risiko rechtfertigt die ein oder zwei Rockwell mehr an Härte in keinem Fall.






    Nicht verdrallt oder verzogen. Bei so langen dünnen Werkstücken ist das immer etwas kritisch.




    Zum anlassen habe ich mir dann einen kleinen "Kunstkniff" überlegt. Und zwar wollte ich die schon nicht ganz so tolle Härte in der Schneide, nicht beim anlassen noch weiter herabsetzen und habe mir eine "Kühlvorrichtung" gebaut, um den Klingenrücken selektiv anzulassen.



    Versuch Nr.1: Sieht cool aus bewirkt aber rein gar nichts. Die Wärmeableitung ins Wasser ist einfach zu effektiv.





    Versuch Nr 2: Auch hier habe ich mit dem Brenner ziemlich lange draufhalten müssen bevor sich etwas getan hat, aber nach einer Weile hat es dann funktioniert.




    Mit meiner Kompaktkamera bekommt man die Anlassfarben nur schlecht zu sehen, aber man erkennt schon ein bisschen Farbe am Klingenrücken während die Schneide unverändert geblieben ist.



    Nach meiner Recherche wurden für die Griffe dieser Messer meist billige Hölzer verwendet, welche gerade greifbar waren. In dieser Tradition habe auch ich mich für ein Reststück Buchenfußleiste entschieden. Auch die Griffformen waren mehr als schlicht, und meist gerade ohne Konturen und im Querschnitt sechseckig, was eher an einen Rohling erinnert als an einen fertigen Messergriff. Hier habe ich mir eine gewisse Freiheit erlaubt und zumindest hinten einen kleinen Knauf angebracht und auch den Querschnitt abgerundet. Ich denke die Endbenutzer solcher Messer haben die primitiven Griffe wohl auch ihren Bedürfnissen angepasst.



    Löcher vorbohren.




    Als Griffnieten dienen hier abgesägte Nägel. Messing oder Bronzestifte wurden aufgrund des hohen preises und der geringen Verfügbarkeit, in "der neuen Welt" wohl kaum verwendet.




    Wer sich bisher gedacht hat, dass der Erl zu klein für den Griff ist, hat nicht ganz unrecht. Bei den Bildern von erhaltenen Trade Knife´s ist mir sehr oft eine Art halber Flacherl aufgefallen. Da sollte offensichtlich Material gespart werden, wobei ein Steckerl wahrscheinlich noch mehr Material eingespart hätte. Allerdings wäre ein Steckerl in der Verarbeitung etwas aufwendiger. Daher, so vermute ich, diese etwas kuriose Halbflacherl Bauweise.
    Ich habe mir vorher schon gedacht, dass das ohne Bandsäge oder der Gleichen kniffelig wird. Ich hab´s aus liebe zum Detail durchgezogen und ohne geeignetes Werkzeug war es echt ein Krampf den Schlitz an den Erl anzupassen. Schön geworden ist es nicht und ich werde es wohl auch so schnell nicht nochmal machen.




    Ich habe den Griff dann mit viel Epoxy Kleber und kraft am Erl befestigt. Ganz glücklich bin ich damit nicht, aber das Messer sollte ja von Anfang an keine Schönheitspreise gewinnen.




    Nachdem der Kleber getrocknet war habe ich noch die Griffkonturen etwas abgerundet.




    Damit das weiße Buchenholz etwas dunkler und schmuddeliger aussieht habe ich den Griff noch ganz vorsichtig mit dem Brenner angekokelt.








    Hab´s dann noch scharf geschliffen und ein bisschen den Griff geölt, womit meine (ich hoffe doch) einigermaßen maßstabsgetreue Replik eines french trade knife aus dem 18ten Jahrhundert vollendet wäre. Die Herstellung erinnert mich sehr an die ersten Messer die ich so geschmiedet habe, quasi ein back to the roots Projekt. Wenn man einfach mal so aus dem Bauch heraus arbeiten kann macht die Sache gleich noch mehr Spaß. Das Teil sieht zwar nach nix aus ,verrichtet aber anstandslos seine Arbeit.
    Mit dem Teil kann man prima große Brote schneiden, Fleischklötze jenseits der 1,5 Kilo zerlegen, Kräuter hacken Kleinholz batonen und sicherlich auch ungeliebte Mitmenschen ihrer Kopfhaut berauben.
    Für einen 20cm Klopper ist es dabei noch erstaunlich leicht und führig. Nur zum Hacken eignet sich das Messer eher weniger, da fehlt es einfach an Gewicht in der Spitze. Die Schnitthaltigkeit ist sicherlich eher limitiert aber auch nicht schlechter als bei den durchschnittlichen Küchen und Taschenmesser aus AISI 420 oder 440A die man so in der Schublade liegen hat.


    Sollte sich wieder erwarten ein Ureinwohner finden, welcher mir im Tausch für das Ding wertvolle Pelze aushändigt und sich im nachhinein darüber beschwert, dass C45 eine geringere Verschleißfestigkeit als PM Stahl aufweist und weder Karbide noch Sonderkarbide bildet oder sich nicht auf 60HRC härten lässt.... Dann bekommt er von mir noch ein paar Glasperlen, eine Flasche Feuerwasser und eine pockenverseuchte Wolldecke gratis dazu. ^^ :gewehr




  • Schönes Teil in (für mich) toller rustikaler Optik. :)


    Durch die von dir gewählten Griff-Form erinnert mich das Ganze an gebräuchliche Messer aus dem Spätmittelalter. Auch da war die Klingen-Form vom Gürtel- bis zum Küchenmesser gebräulich.

  • :lol Wieviele Fuchspelze kostet so ein Messerchen??
    Wirklich tolle Arbeit, immer wieder beeindruckend was mal eben ,, nebenbei" entsteht! Die wenigsten sind heutzutage noch fest im Handwerk das sie Lohn und Brot mit solchen Produkten bestreiten können. Aber sowas als Hobby zu betreiben und solche Ergebnisse zu erzielen ist Klasse! :messer

  • Nun ja; Die handwerkliche Leistung bei so einem ganz robust gehaltenem Messer ist ja recht überschaubar. Unter Anleitung schaffen das auch Anfänger oft beim ersten Versuch. Autodidaktisch braucht es vielleicht zwei oder drei Anläufe bevor was vorzeigbares dabei rumkommt.
    Das hängt natürlich auch vom Geschick des Einzelnen ab.


    Von der Herstellung solcher Werkstücke seinen Lebensunterhalt zu verdienen, ist schon beinahe unmöglich. Auch wenn die Materialien sicher deutlich unter fünf Euro gekostet haben, mit Strom, Kohle und Verschleiß an Schleifmitteln werden es vielleicht zehn Euro sein, gehen die kosten für die Arbeitszeit ins Astronomische.
    Echte Handarbeit dauert nun mal lange. Da ist man schnell mal einige Stunden beschäftigt, was dazu führt, dass man solche Werkstücke für ein vielfaches von dem veräußern müsste, was sie eigentlich wert sind.

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