MYOG Messerthread

  • Moin zusammen;


    Die Tage werden kürzer und das Wetter schlechter, was für mich bedeutet, dass die Bastelsaison wieder angefangen hat.




    Ich habe hier eine kleine Sammlung alter Haubergsknipp`s. Kennt man auch als Hippe, Häbe oder Gertel. Die Dinger wurden hier als "Entastmesser" im sogenannten Hauberg (Siegerländer form von traditioneller Forstwirtschaft) genutzt und man findet die Teile immer noch in fast jedem Schuppen und auf jedem Dachboden.
    Zumindest die beiden mit der Prägung sind zwei Dörfer weiter Geschmiedet worden. An den aus heutiger Sicht haarsträubenden Ungenauigkeiten erkennt man, dass es sich noch um reine Handarbeit handelt.


    Nun finde ich die Teile ja irgendwo extrem Urig aber damit anfangen kann ich leider nicht viel. Die Dinger wurden zum entasten gemacht und können auch leider nur dieses. Ich habe versucht damit Anmachhölzer zu spalten oder grobe Schnitzformen zu behauen, was aber alles nicht wirklich gut funktioniert, weil man immer mit der Hakennase im Hackblock stecken bleibt. Ausser dem finde ich den runden Griff nicht ganz optimal, weil sich dieser beim schlagen in der Hand verdreht. Da wurde einfach gespart weil ein runder gedrechselter Griff viel schneller herzustellen ist als ein etwas "anatomisch" geformter.
    Also hab ich mir das am schlechtesten erhaltene mal vorgenommen und etwas umgestaltet.
    Ich bin natürlich kein Mensch der rumläuft und historisches Werkzeug verschlimmbessert, aber ich schreibe hier nicht über Exkalibur sondern über ein Stück recht lieblos grobgeschmiedete vorindustrielle Massenware.




    Hergestellt von Wilh. Kleb in Allenbach. Über den Schmied konnte ich nicht viel verwertbares herausfinden, womit ich auch über das alter keine Angaben machen kann. Die Klinge ist jedenfalls nicht maschinell bearbeitet weswegen ich mal auf ein alter von ca. 100 Jahren tippen würde.




    Der Erl ist zur Sicherung hinten einfach umgeschlagen. Das sieht nicht sehr edel aus, geht aber schnell und war für reine Gebrauchswerkzeuge gut genug.




    Der Griff war schon ziemlich hinüber und ließ sich leicht entfernen. Vorne war zur Sicherung eine einfache Blechzwinge angebracht.




    Die Hakennase hat mich einfach immer genervt weswegen ich die einfach entfernt habe. Haumesser mit nach unten gezogener Spitze sind ja gerade wieder voll im Trend. Ich persönlich finde das rein optisch etwas gewöhnungsbedürftig, aber ich hab so ein Messer noch nicht und hab es bei der Gelegenheit einfach mal ausprobiert.




    Dann kam das große Rätseln was da wohl für ein Stahl verbaut wurde. An der Schneide entspricht das Funkenbild ziemlich genau einem C45 welchen ich zum vergleich angeschliffen habe. Weiter hinten sah es aber aus wie gewöhnlicher Baustahl. Irgendwann habe ich beim schleifen dann diesen ganz kleinen Verschweißungsfehler bemerkt und mir die Sache mal ganz genau angeschaut.
    Man hat hier wirklich einen kleinen Schneidkeil aus härtbaren Stahl in den Klingenkörper aus Billigstahl eingesetzt wie man das auch bei manchen Äxten macht. :skeptisch


    Für mich ist es sehr erstaunlich, dass der Mehrpreis, für den an sich schon nicht tollen Vergütungsstahl, die nicht geringe Mehrarbeit für das aufwendige Feuerverschweißen aufwiegt. :confused Aber scheinbar war zur Zeit der Herstellung härtbarer Stahl teurer als der Stundenlohn des Schmiedes.


    In dem Moment hab ich mich dann gefragt ob es sich überhaupt lohnt weiterzumachen. C45 alleine wäre ja schon nicht so der Oberhammer gewesen, aber eine Klinge aus Baustahl mit einem kleinen härtbaren Schneidkeil?? Das ist schon echt unterstes Niveau. Auf der anderen Seite hat das Teil im laufe der Jahrzehnte gewiss mehr und härtere Arbeit geleistet als alle Highend Survivaltools in allen Messer und Bushcraftforen zusammen.
    Ich hab´s auch einfach nicht übers Hertz gebracht das Teil nach so langer Zeit einfach in die Tonne zu klimpern.




    Ich habe die gröbsten Misshandlungspuren so gut es ging rausgeschliffen. Wenn ich alle Ungenauigkeiten hätte entfernen wollen, wäre es am Ende eine Stecknadel geworden. Besonders krass finde ich, dass die Schnittkante eine leichte Wellenlinie aufweist. Hier wurde sehr viel geschmiedet und nur wenig geschliffen was natürlich etwas ungenauer ist. Insgesamt fällt an dem ganzen Teil immer wieder auf, dass sehr "Wirtschaftlich" gearbeitet wurde. Sei es nun bei Material oder Bearbeitung. Die Waldarbeiter von früher waren offenbar nicht gewillt die heute für Messer üblichen Preise zu bezahlen. ;)




    Als neuen Griff habe ich ein altes Stuhlbein aus Buchenholz vom Sperrmüll auserkoren. So einen gigantischen Spitzerl habe ich noch nie eingesetzt weswegen ich von beiden Seiten großzügig vorgebohrt habe.





    Weil man auf der Länge kaum etwas sinnvoll ausfeilen kann habe ich den Erl nach den Bohren gleich komplett eingebrannt.




    Weil ich das Schmiedefeuer schon mal an hatte, habe ich die Klinge auch gleich neu gehärtet. Mir war die Schneide im Originalzustand einfach viel zu weich. Ich wollte das Maximum an Härte heraushohlen und habe deshalb in Wasser gehärtet, was normalerweise bei Klingen ein "NO GO" darstellt. Bei Stählen mit sehr wenig Kohlenstoff kann man das aber mal riskiren.
    Nach dem Härten konnte man auch die Linie zwischen härtbaren und nicht härtbaren Stahl gut erkennen.
    Der Vorteil der Wasserhärtung war, dass ich die schneide einigermaßen hart bekommen habe. Der Nachteil war, das sich die ohnehin schon leicht wellig Schneide, durch das schroffe abschrecken, noch etwas mehr verzogen hat, was ich wiederum nachschleifen musste.
    Angelassen habe ich danach nicht ,um nicht das bisschen erreichte Härte wieder zu verschenken. Der große Anteil an weichem Stahl in der Klinge sollte die Bruchgefahr wohl hinreichend minimieren.





    Am nächsten Tag habe ich dann erst mal vergessen Fotos zu machen :unschuld weswegen ihr leider nicht sehen könnt wie ich die Messingzwinge angepasst und den Griff in grobe Form geschliffen habe, aber das erklärt sich denke ich von selbst.
    Bemerkenswert ist wie stark die Klinge in der kurzen Zeit oxidiert ist. Ich vermute der Stahl enthält noch mehr natürliche Verunreinigungen durch Phosphor und Schwefel als das heute üblich wäre.






    Als Griffabschluss Habe ich noch eine Endkappe angefertigt. Diese Habe ich aus einem Stück 3mm Stahlblech mit der Hammerfinne kaltgedengelt. Das erfordert etwas Fingerspitzengefühl um den Radius genau anzupassen, ging aber leichter als erwartet.






    Nachdem die Endkappe angepasst ist muss noch das loch für den Erl gebohrt und passend ausgefeilt werden.




    Danach nur noch den Griff in eine gefällige Form schleifen...




    ... und alle Teile verkleben. Es würde sicher auch ohne halten aber das verkleben der Teile hilft bei der späteren Bearbeitung.
    Um die Teile aneinander zu pressen musste ich ein wenig mit den Spanngurten improvisieren, was aber sehr gut funktioniert hat.




    Über Nacht hat der Kleber getrocknet und ich habe den überstehenden Teil vom Erl abgesägt...




    ... und mit der Endkappe vernietet.




    Am Ende wird noch der Griff mit Leinölfirnis eingerieben.






    Solche altmodischen Messer mit durchgehenden Spitzerl sieht man bei den Hobbymessermachern relativ selten und ich weiß auch warum:
    Es macht, im vergleich zu "Fulltang" Messern, einen riesen Haufen Fummelarbeit ohne nennenswerte Vorteile zu bringen.
    Nichts desto trotz bin ich mit meiner Kreation sehr zufrieden. Ich hab es relativ scharf Ballig ausgeschliffen und die "Schnitthaltigkeit" ist nicht mal so beschissen wie ich erwartet hätte. Jendenfalls besser als bei den Chinamessern aus AISI420 mir bisher untergekommen sind.
    Wunder kann man von der recht weichen Stahlkombination sicher nicht erwarten aber für so einen robusten Klopper ist das schon ok. Es macht auf alle Fälle Laune damit zu spielen und ich hab damit fast alles gemacht was man mit so einem Messer "sinnvoll" machen kann. Ausser Kartoffeln schälen und einen trockenen 20cm Eicheklotz mit ästen Batonen hat alles hinreichend funktioniert.


    Das Custom Haubergsknipp wird jetzt mein neues Hof,Garten und Grillmesser, quasi als Gnadenhof für altes Werkzeug. Um es in den Wald zu schleppen ist es mir einfach etwas zu indiskret. Soll heißen; Das Teil fällt ziemlich ins Auge und man wird für einen Zombiesurvival Kloppie oder der Gleichen gehalten, was nicht so sehr meine Intension ist.


    LG an alle;


    Und mein besonderer Dank an Wilhelm Kleb aus Allenbach, ohne den dieser Beitrag nicht möglich gewesen wäre. ;) :winken









  • Na tolle Wurst was soll das denn :zensiert


    Könnte vielleicht mit der Umstellung von Picasa auf Google Fotos zu tuen haben!? Aber so richtig raffen tue ich es nicht.


    OK... Nachbearbeiten kann ich nix mehr, also versuche ich mal ein Paar der Bilder nochmal mit gekürzter Beschreibung neu rein zu stellen.





    Haubergsknipp im Original.






    Neue Form und Einbrennen des neuen Griffes.



    Nach dem härten.







    Grobformen des Griffes und anpassen der Endkappe.






    Feinschliff und verkleben.






    Vernieten des Erl´s auf der Endkappe.










    Fertiges Semicustomhaubergsknipp.


    So ich hoffe mal da kommt jetzt was an, sonst brauche ich wohl technischen Support :confused

  • Ahoi


    Hat jemand eine Idee wie man am besten eine Clip-Point Klinge von Hand schärft, sowohl Grundschliff als auch das scharf halten ?
    Speziell geht es mir um den oberen, geschwungenen, Teil der Bowiespitze (ähnliche Formen gib es auch anderen europäischen Messern und antiken Kurzschwertern).


    clip point bowie nase


    Ich hab auch im englischsprachigen Bereich des Netzes dazu (also traditionell, nicht mit Maschinen) nichts hilfreiches gefunden.


    Je nach Ausführung / Krümmung kommt man da mit den herkömmlichen flachen Schleifsteinen leider nicht weiter,
    zumal solche Messer häufig auch eine entsprechende Klingendicke aufweissen.


    Die suche nach zylinderförmigen Schleifsteinen (falls ich da auf der richtigen Fährte bin) hat auch nichts zutage befördert,
    eventuell gibt es dafür einen speziellen Fachbegriff ?


    Was ich gefunden habe sind Keramik-wetzstäbe die sicherlich reichen um die Grundschärfe aufrecht zu erhalten,
    eine andere Idee ist mit einem Rundholz & aufgeklebten Sandpapier abzuziehen (weiss noch nicht ob das funktionieren wird),
    jedoch haben Bowies (Waffenrecht? wegen beidseitigem Schliff dann) häufig eine mehr oder minder starke Fehlschärfe in dem Bereich,
    das heisst hier muss erstmal ein Grundschliff rein.


    Ihr könnt ruhig auch mit spekulativen Ideen kommen, vermutlich hat das ohnehin noch keiner gemacht,
    für Experimente habe ich noch ein günstiges aus 420er herumliegen.
    Beim Schliff muss auch nix spektakuläres herauskommen, im Grunde würde eine einfache Schneidphase reichen.


    :messer

  • Zuersteinmal, wenn du den Bereich der Klingenspitze schärfst hast du laut Gesetz eine 2schneidige Klinge also praktisch einen Dolch und somit eine Waffe.


    Auch ist mir nicht bekannt das der Klingenbereich beschärft worden währe, zumindest nicht an Klingen wie bei Saxen oder Bowies.
    Bei der von dir gezeigten Spitze handelt es sich um eine sogenannte Entenschnabelspitze, bei Klingen die die Kurve nicht haben sondern an der Stelle eine Gerade spricht man zb bei den Saxen von einer Klinge in Form Brokenback. Ansonsten ist das ganze einfach als Bowieklinge bekannt.
    Schärfgeräte dafür solltest du unter anderm bei Dictum finden.


    Ps: Schärfgeräte wie du sie suchst nennt auch Formsteine.

    Man sollte von früheren Generationen lernen, sich aber Neuerungen nicht verschließen.

    Einmal editiert, zuletzt von Odin ()

  • huch da ist mir ein Flüchtigkeitsfehler unterlaufen. das heisst natürlich Clip-Point (nicht drop) .


    Angeschliffen werden die schon, bzw kann man machen, einige Hersteller liefern die auch so aus.
    Bowies sind sehr unterschiedlich auch in der Ausformung der Spitze, ich besitze ja einige,
    jetzt hätte ich halt gern beim Tempsky oben ebenfalls einen Schliff, das Messer ist aber keines aus der Wühlkiste
    und bevor ich mich an das setze werde ich den Spass erstmal an einem Billigteil ausprobieren.
    :winken


    edit:


    Was das Bowie angeht, sagen wir einfach Kruppi will das so ;) .


    Davon abgesehen gibt es ja noch viele andere Klingen mit teils extrem "nach innen" geschwungenen Schneiden zb bei so manchem Kukri
    bzw, besser formuliert, an Kukri angelehnten Designs.
    Selbst so manches kleine fixed kommt mit sowas daher.
    Besitze ich zwar nicht, grundsätzlich trotzdem interessant wie man sowas anschleift & schärft.
    Das Problem wäre hier ja das gleiche, besonders bei den kleineren Messern mit kleineren Kurvenradien.


    Der Tip mit "Formstein" ist schonmal super !
    Auch Dictum kannte ich noch nicht, da gibt es ja auch jede Menge Hintergundwissen nebenbei (nicht nur ein schnöder Shop),
    sehr schön. :winken

  • Also ich würde mit ner Halbrund- (oder Rundfeile, je nach dem was besser passt) für viel Materialabtrag, und dann wie erwähnt mit Rundholz und Schleifpapier.. Ich schleif auch meine Scandi-Schliffe mit Flachholz und Schleifpapier. Nach der Feile, versteht sich.


    Das müsste eigentlich gut gehen. Schleifpapier wird halt in verschiedenen Korngrössen und reichlich gebraucht.. Gute Qualität lohnt sich hier.

  • Also;
    Wenn ich denn Schliff komplett neu machen sollte oder die Stelle noch sehr stumpf ist, würde ich solche hohlen Schliffe immer erst mit `nem handlichen Winkelschleifer und einer nicht zu groben Lamellenscheibe bearbeiten. Das ist natürlich riskant weil man schnell viel Material abnimmt. Bei fertigen Messern sollte man auch darauf achten ,dass es nicht zu heiß wird.


    Mit einer feinen Halbrundfeile sollte es auch gehen, aber je nach Härte der Klinge kann das schon problematisch werden. Entweder man Feilt sich zu Tode, oder die Feile ist nachher Fratze. Wenn man nur ein bisschen schärfen will kann man auch,wie schon beschrieben, Schleifleinen/Papier um die Feile wickeln. Wobei Schleifleinen dafür bedeutend besser ist als Papier.
    Komplet runde Werkzeuge finde ich da nicht ganz optimal weil man theoretisch Gefahr läuft Kerben einzuschleifen.


    Optimal wäre da ein Radius, welcher der zu schleifenden Stelle möglichst nahe kommt. Behelfen kann man sich da mit selbstgebauten Schleifklötzen aus Holz. Wer die nicht alle selber zuschleifen will, kann sich auch Stücke von Fuß- oder Zierleisten holen und diese als Schleifklötze verwenden. Da gibt es eine riesen Auswahl an Radien und Formen.
    Ich habe z.B. eine mit der ich die Innenseiten meiner geschmiedeten Löffelmesser ausschleife.

  • Ich habe mein ak74 Bajonett mit einer flachen "Pferd"- Feile zweischneidig gemacht und die Feinarbeit mit einem billigen zweiseitigen Küchen- Wetzstein vom Chinashop. Am Stein sieht man allerdings den Materialabtrag. Ich mache ja heutzutage viel mit Sensen- Wetzsteinen oder belgischem Brocken, aber für diese Veränderung braucht man erstmal was gröberes. Nun, das Bajonett hat nicht den härtesten Stahl...

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