Fischspeere

  • Ahoi


    Auf diese Art Speere bin ich über eine Steinzeitseite gestolpert, zu den Historischen Hintergründen usw später.

    :schlaubi wichtiger ist gleich am Anfang auf einen entscheidenden Fehler hinzuweissen der mir unterlaufen ist,
    das ärgerte mich ein wenig weil ich das vorher hätte wissen können / müssen.
    Die Schäftung der Klammerbacken muss länger sein um die Scherkräfte aufzufangen,
    so wie dieser Speer am Ende ist würde er nur wenige "Stiche" ins Erdreich überstehen.
    Diese muss man wesentlich länger machen, idealerweisse länger als der "Klammerbereich", ganz klassisch Hebelgesetz.
    Und natürlich wurden solche Konstruktionen auch zusätzlich zur Wicklung verleimt.
    Naja war eine recht spontane Aktion, hatte nur noch ein paar Fotos aus dem Netz im Kopf,
    aber davon abgesehen funktioniert er sogar, wie eine von mir erlegte Salami hinreichend beweisst ( :pille ) .


    Naja erst mal ein paar Fotos damit man es besser nachvollziehen kann.



    Als Material für Speer und Backen habe ich ein (glaube ich ^^ ) junges Eschenstämmchen verwendet.
    Wie gesagt die Schäfte der Backen hätten wesentlich länger sein müssen.
    Es ist von Vorteil aber nicht zwingend erforderlich wenn die Hölzer die einmal die Backen werden sollen eine leichte Biegung haben.
    Man sollte die Einzelteile wärend der Bearbeitung immer mal Aneinanderlegen, auch schitzt man an allen 3 teilen parallel,
    anpassen, guggen, anpassen usw.
    Anfangs muss man beide Backen leicht abflachen.
    Kann man auch mit Schnitzen, ich (quick & dirty mal wieder) hab es ganz ganz vorsichtig abgespalten,
    hier ist die feine, schmale Klinge des Fiskars Messers super.
    Jetzt muss man sich natürlich Vorstellen können wie "dick" ein Aal ist... Naja ich bin weder Angler noch Räucheraalfan,
    und musste das ebenfalls aus der Erinnerung herausgraben, hab mich dann daran orientiert was ich mit Daumen + Zeigefinger umfassen könnte
    bzw an dem Messergriff des Fiskars orientiert, Aale sind ja recht schlanke Fische. Das ist soweit ganz gut gelungen.
    Damit die Backen halbwegs gleichmässig werden habe ich meinen Daumen als Maß benutzt.
    Ich hätte das auch exakter ausmessen können, ein Maßband habe ich ja im Set, ich habe das aber nur für das Foto am Anfang
    benutzt um die Größenverhältnisse zu dokumentieren, den Rest habe ich wortwörtlich " PI mal Daumen" geschnitzt.
    Wenn die Klammerbacken fertig sind schnitzt man vorn die "Zungen" ,
    die Zungen müssen nicht spitz werden, wichtig ist nur das eine Trichterförmige Öffnung entsteht,
    man könnte sie also durchaus stärker abrunden.
    Nochmal der Hinweiss, die Schäfte länger, dann sieht die Wicklung auch etwas anders aus, aber es war nur der Prototyp.


    oke kommen wir zu einem ebenfalls wichtigem Element, dem Dorn



    Ich habe mich für einen Dorn aus (Rinderbein) Knochen entschieden.
    In einem anderen Beitrag hier hab ich meine quick&dirty Methode schon mal beschrieben,
    also einen Knochen in Stoff oder Leder wickeln und dann mit einem großen Stein (natürlich geht auch Hammer + Meisel) zertrümmern,
    man erhält so zwar unkontrollierte aber doch jede Menge brauchbare Splitter für alle möglichen Sachen.
    Auf dem Schleifstein liegen in Bild 1 links zb eine (bereits fertige) Pfeilspitze und rechts daneben das was gleich der Dorn wird.
    Wenn ihr "Beinscheibe vom Rind" kauft, das gibt's meisst auch in Discountern als Suppenfleisch, kommt ihr schnell an Rohstoffe,
    so das ich daher als kleiner Hobbykoch nicht unter Resourcenmangel leide.
    Der Schleifstein ist ein ganz billiger Chinastein mit 2 Körnungen aus dem Baumarkt (hier Toom, 2.99 ) .
    Nach dem Knochenschleifen ist so ein Stein meiner Meinung nach nichtmehr für Messer zu gebrauchen,
    wenn man aber nur Knochen damit schleift hält er ewig.
    Ich benutze diese Steine immer nass, zwischendurch muss man sie auch mal abspülen da doch erheblich viel Abtrag entsteht.
    Das schleifen geht eigentlich recht zügig. Erst abflachen dann die Kanten in Form bringen, und am Schluss kann man
    die Kanten wie auch bei einem Messer anschärfen (wird natürlich nicht so scharf wie eine Metallklinge) und die Spitze schleifen.
    Knochen sind ein durchaus sehr hartes und zähes Material, wer es noch nicht gemacht wird überrascht sein "wie spitz"
    so ein Knochendorn werden kann.


    Eingesetzt habe ich ihn etwa 1cm tief in das aufgespaltene Ende, dazu muss man den Schaft des Dorns flach genug schleifen.
    Im Dauergebrauch würde der Dorn das Holz weiter aufspalten was den Speer auf längere Sicht zerstört,
    besser als aufspalten ist eine richtige geschnitzte Führung wie man sie auch aus dem Pfeil oder Speerbau kennt.


    Wenn man jetzt noch alles verklebt (Birkenpech) und ordentlich Wickelt erhält man eine sehr stabile Verbindung.
    Ich habe für die Wicklung ein Hanfgarn benutzt, dieses vorher einige Zeit gewässert und dann im feuchten Zustand gewickelt
    und anschliessend in der Sonne trocknen lassen.
    Als letzten Schritt könnte man dann noch die Wicklung versiegeln mit Fett oder Pech.


    Das quick & dirty hat übrigens nichts mit Faulheit zu tun sondern ist eine klare Überlegung.
    In einer Survivalsituation habe ich keine Zeit für Kunsthandwerk sondern der Zeit + Nutzenfaktor muss effektiv sein.
    Daher interessiert mich oft wie man mit wenig Zeit+ Arbeitsaufwand und minimalen Werkzeugen (zb nur ein Messer) zu einem brauchbaren Ergebnis kommt.
    Das die Fundstücke aus der Steinzeit oft eine für damalige Zeit hohe Handwerkliche Qualität haben (das erfordert Arbeitsteilung)
    zeigt nur einmal mehr wie hoch sozialisiert diese Stämme damals waren.


    ------------------------
    Hintergrund:


    Man nimmt an das diese, auch als "Lyster" bezeichneten, Fischspeere in erster Linie für Aale verwendet wurden.
    (vielleicht auch für Salamis... )
    Man stach damit möglicherweisse nicht unbedingt gezielt nach einem Fisch sondern "blind" in den Schlamm.
    Die Backen dienen vermutlich dazu den Fisch im Speer zu halten wärend man diesen aus dem Schlamm herauszieht.
    Lange Zeit hielt man die Backen (die auch aus Knochen bestehen können) für Messer oder konnte die Funktion
    nicht einordnen (ähnlich zu den Wurfhaken aus Knochen oder Horn bei Speerschleudern),
    das es sich um Fragmente von Fischspeeren handelt wurde erst in jüngerer Zeit deutlich durch einen Fund in
    Haithabu und vor allem durch experimentelle Archäologie.
    Inzwischen geht man davon aus das diese Art Speer über sehr lange Zeit benutzt wurde
    (Haithabu ist immerhin eine Wikingersiedlung) wobei man je nach Zeitalter und Rohstoffen andere Materialien verwendet hat.
    Vorstellbar ist zb auch ein Speer und Dorn aus Hartholz wie Eiche, genauso wie später auch Dorne aus Metall.


    Mit dem Aufkommen der Metallverarbeitung änderten sich die Formen des Aalspeeres aber sehr stark,
    das Aalstechen wurde noch bis in die Neuzeit praktiziert, zb nach den beiden Weltkriegen,
    da wurden dann andere Werkzeuge umfunktioniert wie Kartoffel oder Heugabeln oder Rechen mit Wiederhaken und angeschliffenen
    Spitzen und dergleichen.


    Heute ist diese Form der Jagd übrigens verboten.
    Warum hab ich nicht herausfinden können, vielleicht aus (vorgeschoben) Tierschutzgründen,
    ich vermute hier eher das man damit ein Privileg versucht zu schützen.
    Ob es effektiv ist in unseren Breitengraden kann ich nicht beurteilen.
    Der Aal wird übrigens als stark bedrohte Tierart eingeschätzt, was verschiedene Gründe hat und hier zu weit führt,
    man kann aber davon ausgehen das die heutige Aalpopulation eine ganz andere ist "damals".


    Das ganze ist also eher wieder eine Spielerei und zumindest in unseren (deutschen) Regionen eher nicht wirksam einsetzbar.
    In Skandinavien soll laut (naja vieles was ich hier schreibe hab ich auch ausm Netz) Internet die Aalpopulation noch gesünder sein,
    aber wie gesagt ich bin kein Angler und kann das nicht wirklich beurteilen.


    ---


    Fischspeere sind jedenfalls ein interessantes Thema, auch wenn vieles natürlich rein fiktive Spielerein sind,
    da es weder unsere Gesetze (illegal) als auch unsere vorhandene Fauna noch hergeben auf diese Art zu jagen.


    So ich hoffe das es trotz des nicht ganz perfekten Ergebnisses interessant war.


    näxtes Projekt ist der sogenannte "Vogelspeer" (ich glaube nicht das der für Vögel war) der Inuit...
    dafür wird wohl das lange Rinderbein auf dem Foto oben dran glauben müssen.


    :Mädchen



    noch ein Nachtrag und ein Link


    Hier zum bsp beschäftigt sich ein Fischer unter anderem mit dem Thema.
    Man findet in mehreren Bereichen ganz unterschiedliche "Lyster - Speere" .


    http://www.historischerfischer.de/html/mittelalter2.html


    Auffällig sind die Ähnlichkeiten der Eisen-Aalspeere zu Neptuns Dreizack bzw man kennt das auch aus Sandalenfilmen / Gladiatorenfilmen,
    also die Art Speere (+ Netz) ...
    Auf der Seite findet man viele interessante Dinge zum Thema fischen, von der Steinzeit bis ins europäische Mittelalter,
    auch Reusenkonstruktionen , Hakenherstellung und einiges mehr.


    die ursprüngliche Anregung kam aber von http://www.steinharteknochentechnik.magix.net/#Startseite


    und als letztes ist dieses Forum hier (ich bin dort nur mitleser) ein Geheimtipp,
    ist ein kleines Forum mit überschaubaren usern und Inhalt aber von recht hoher informationsdichte,
    geht dort um experimentelle Archäologie, vielmals auch nur theoretische Diskussionen (das gehört dazu),
    aber hochinteressant.. auch aus bushcraft sicht !
    http://www.archaeoforum.de/viewforum.php?f=55

  • Am Sonntag habe ich auf einem Spaziergang im Wald ein sehr nettes Paar kennengelernt, wovon sich der Ehemann bereits hier angemeldet hat (Eichendorff; Vorstellung wird bald folgen)
    Er hat mich auf folgendes Youtube-Video hingewiesen, wo Harm Paulsen dieses Teil nach historischen Funden aus der Steinzeit nachgebaut hat und vorführt.
    Es ist ein Aalstecher und sieht genau so aus, wie das Teil, was du angefertigt hast.



    x8eLVj7NNUI


    Viel Spaß!
    Parzival :bcplove

  • noch ein Nachtrag und ein Link


    Hier zum bsp beschäftigt sich ein Fischer unter anderem mit dem Thema.
    Man findet in mehreren Bereichen ganz unterschiedliche "Lyster - Speere" .


    http://www.historischerfischer.de/html/mittelalter2.html


    Auffällig sind die Ähnlichkeiten der Eisen-Aalspeere zu Neptuns Dreizack bzw man kennt das auch aus Sandalenfilmen / Gladiatorenfilmen,
    also die Art Speere (+ Netz) ...
    Auf der Seite findet man viele interessante Dinge zum Thema fischen, von der Steinzeit bis ins europäische Mittelalter,
    auch Reusenkonstruktionen , Hakenherstellung und einiges mehr.


    die ursprüngliche Anregung kam aber von http://www.steinharteknochentechnik.magix.net/#Startseite


    und als letztes ist dieses Forum hier (ich bin dort nur mitleser) ein Geheimtipp,
    ist ein kleines Forum mit überschaubaren usern und Inhalt aber von recht hoher informationsdichte,
    geht dort um experimentelle Archäologie, vielmals auch nur theoretische Diskussionen (das gehört dazu),
    aber hochinteressant.. auch aus bushcraft sicht !
    http://www.archaeoforum.de/viewforum.php?f=55


    ===


    Ihr könnt auch gern was dazu schreiben, zb wie man es verbessern kann
    (auf meinen Fehler mit den zu kurzen schäftungen der Backen habe ich ja bereits hingewiesen),
    oft ist der Gedanke und Analyse wichtiger als das Experiment.


    Zb wäre es evt klüger gewesen wenn ich meinen Dorn um 180 Grad gedreht hätte, so das er flach durch die Gräten stechen kann,
    überlege ich mir so im nachgang...



    Oder auch einfach für andere Fisch-Speere ! Davon gibt's ja eine Menge verschiedener.
    so.


    :Mädchen



    edit: Parzival, thx, so hab ich mir das vorgestellt... Informationsaustausch :dance

  • Das Video ist wirklich klasse ! Motiviert mich direkt noch einen zu bauen und zwar in den Dimensionen die man dort sieht.
    Bei Fotos hat man oft das Problem das man nicht immer die Proportionen einschätzen kann,
    die werden aber in dem Video ziemlich deutlich.
    Mal sehen was die Tage zusätzlich noch das googeln nach den Namen hergibt die da im Abspann auftauchen.
    Denke da wird ich wieder viel interessantes Zeug aufstöbern. THX :drunk


  • Harm Paulsen hat an ein paar Dokus mitgewirkt, unteranderm war er auch Berater des ZDF für desen Steinzeitsiedlungs-Experiment


    Diese tolle Serie ist seit kurzem im Youtube.
    Ich habe sie mir alle noch mal angesehen.
    Sehr zu empfehlen!


    (@ Benbushcraft: In Folge 2 bis 4 machen zwei Leute aus der Gruppe auch eine Alpenüberquerung; im Original-Outfit von Ötzi)


    wjN3YNW8EKY


    LG Parzival :bcplove

  • Parzival:
    Danke fürs reinstellen des Steinzeitvideos.
    Das kannte ich nicht und fand das so spannend, dass ich mir heute alle 4 Teile am Stück angeschaut habe, obwohl ich echt viel anderes zu tun gehabt hätte.
    Naja, muss ich jetzt nacharbeiten.
    Bin da richtig neidisch geworden auf die Teilnehmer von so einem tollen Experiment.
    Würde sofort mitmachen - wäre wohl der Traum von so ziehmlich jedem Bushcrafter !?

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