Hallo, liebe Bushcraftgemeinde!
Inspiriert von einigen Anfragen über brauchbare Outdoormesser und WildHogs tollen Beitrag zum selbstgebauten Leuku möchte ich euch heute meine Erfahrungen zur Praxistauglichkeit von Messern der finnischen Firma WoodJewel darlegen. Da ich mich mich leider beim Arbeiten mit diesen Messern schlecht fotografieren kann, werde ich exemplarisch einfach die von mir benutzten Messer zeigen und euch kurz erklären, wie sie sich so im Alltag, in meinem Fall zumeist schnitzen und Holz zerkleinern, schlagen. Dass man mit all diesen Messern Fleisch, Gemüse, Finger und allerlei anderes super schneiden kann, versteht sich von selbst, dafür brauche ich kein Outdoormesser
Zuerst einige generelle Sachen:
(Fast) alle Messer dieser Firma werden auf Basis einer ca. 3mm starken, schnell rostenden Carbonstahlklinge (um 59° HRC) mit Scandi Grind, nicht poliertem und geradem Klingenrücken (Fa. Lauri Metalli Oy) hergestellt. Die sehr schnitthaltige Klinge lässt sich sowohl mit Keramikschleifern, als auch mit verschiednen Schleifsteinen basierend auf den eigenen Fähigkeiten schnell und gut nachschleifen. Ich verwende dafür gerne Phyllit-Wasserstein. Der Hersteller verbindet diese Klinge dann mit verschiedenen Naturmaterialien, die in der Wildnis Lapplands vorkommen, so zum Beispiel Maserbirke, Leder und Rentierhorn. Die Scheide besteht aus Rindsleder (wahlweise mit Aufdruck verschiedener Wildtiere oder ohne) und wird am Gürtel mit einem Riemen aus Rentierleder befestigt, der gleichzeitig um den oberen Teil der Scheide eng anliegt und so das Messer beim Tragen sicher darin arretiert. In der Lederscheide ist zusätzlich ein Durchstech- bzw. Schnittschutz aus Kytex eingearbeitet.
Nun zu den von mir getesteten Messern:
1. Pikkuleuku, Gesamtlänge 21,5 cm, Klingenlänge 9 cm, Klingenbreite 2,65 cm
Das war mein erstes Messer dieses Herstellers, ich habe es zufällig auf dem Weihnachtsmarkt an einem finnischen Stand entdeckt und war begeistert von der Optik und davon, wie gut das Messer mit der kurzen, wuchtigen Klinge in der Hand liegt. Es ist sehr führig und im Neuzustand höllisch scharf, wie alle Lauriklingen. Ich habe das Messer nach Erwerb zum Schnitzen verschiedener Hölzer bis hin zum Batoning von Buchenholzscheiten erfolgreich eingesetzt. Dabei fiel mir auf, dass die Stabilität der Klinge in Kombination mit dem durchgenietetem Erl diese Art der Beanspruchung durchaus toleriert, aber die Klinge für den Einsatzzweck des Holzspaltens doch recht kurz ist, da man ohnehin nur sehr schmale Scheite aufspalten kann und beim Schlag auf die Klinge nie zu weit vorne ansetzen sollte. Für kleine Spanhölzer zum Anfachen genau richtig, für alles Gröbere zu kurz. Das Schnitzen ist mit diesem Messer möglich, aber nicht sonderlich angenehm, da das Messer insgesamt zu wuchtig ist und man feine Schnitzarbeiten aufgrund der breiten Klinge nur unkoordiniert ausführen kann. Außerdem ist der fischschwanzförige Griffabschluss aus Horn etwas gewöhnungsbedürftig, gerade, wenn man abgewinkelt arbeiten möchte.
2. Karhuleuku, Gesamtlänge 27,5 cm, Klingenlänge 14,5 cm, Klingenbreite 2,65 cm
Von den Spezifikationen ähnlich wie das Pikkuleuku, aber mit deutlich längerer Klinge und abwärts gerichtetem Griffende. Ich habe mir dieses Messer gekauft, da mich die Stabilität des kleinen fasziniert hat, aber ich die Klinge für den Einsatzzweck zu kurz fand. Nachdem ich die ersten Arbeiten mit diesem Messer verrichtet habe, war ich absolut begeistert. Durch das ergonomischere Griffende kombiniert mit einer langen, stabilen Klinge ist dieses Messer ein absoluter Allrounder. Man kann es auch gut als Hackmesser für kleinere Äste z.B. zum Bau einer improvisierten Feuerstelle verwenden, auch eine ca. 5 cm dicke Haselnussrute ist in wenigen Sekunden durch. Der Härtetest war dann eine mindestens ebensodicke, abgelagerte Eichenbohle. Natürlich sollte man für solche Arbeiten immer ein Beil oder eine Axt bevorzugen, aber ich wollte halt sehen, was geht, und das Messer hat alles klaglos weggesteckt. Feine Schnitzarbeiten sind natürlich, wie bei dem Pikkuleuku, nur eingeschränkt möglich, aber wer einen soliden und verlässlichen Begleiter unterwegs haben und nicht gerade den Kölner Dom am Lagerfeuer modellieren möchte, sollte dieses Messer in Erwägung ziehen.
3. Lapinleuku - Kombination eines Puukkos mit einem Leuku in einer Scheide
Leuku - Gesamtlänge ca. 34 cm, Klingenlänge 20,7 cm, Klingenbreite am breitesten Punkt (vorderes Drittel, da leicht konische Klinge) 3,9 cm
Puukko - Gesamtlänge 19,5 cm, Klingenlänge 7,6 cm, Klingenbreite 2 cm
Dieses Paket ist so ziemlich das Teuertse (ca. 100€ je nach Bezugsquelle) , was WoodJewel anbietet und beinhaltet gleichzeitig das größte Messer im Programm. Nun möchte man annehmen, dass dieses Messer ja einem Beil in Nichts nachsteht, wenn man die Beschreibung des Karhuleuku gelesen hat. Dies ist aber nur eingeschränkt richtig. Ich weiß nicht, was sich Kauko Raatiniemi, der Chef des Unternehmens, bei diesem Messer gedacht hat. Die Produktpalette wird alle paar Jahre überarbeitet und in Stil und Ausfertigung geändert. Dieses Messer ist eines der wenigen, die weder als vorderen Griffabschluss eine Messingplatte, noch einen durchgenieteten Erl aufweisen, und das bei einem Messer, was höchsten Ansprüchen in puncto Stabilität gerecht werden sollte. Das alte Modell hatte noch einen durchgenieteten Erl (eng.: Full Tang), aber ich vermute, dass vielen Kunden der ohnehin sehr klobige Griff zu kurz war und daraufhin beim neuen Modell ein Stück Holz (es müsste in diesem Fall Maserweide oder Masererle sein) vor dem Abschluss aus Renhorn angefügt wurde. Ich kann also nicht prüfen, wie weit der Erl tatsächlich im Griff sitzt und wie er fixiert ist. Wäre ja nicht weiter schlimm, wenn ich nicht beim Zerkleinern von Totholz im Wald ein verdächtiges Vibrieren der Klinge vernommen hätte. Ich habe daraufhin dann doch mein Beil konsultiert und das Messer später einer genaueren Prüfung unterzogen. Wenn man die Klinge mit der Breitseite im oberen Drittel auf Holz schlägt, gibt das ein ungesundes Geräusch, das auf Spiel im Griff oder eine ungenügende Fixierung beim Übergang in den Griff (fehlende Messingplatte?) hindeutet. Nun kann es sein, dass ich einen "Volltreffer" gelandet habe und eine Montagsproduktion erwischt habe, jedoch sollte das bei einem Messer dieser Qualitäts- und Preisklasse nicht vorkommen (der Hersteller gibt im Übrigen keine Garantie, zumindest nicht, dass ich wüsste). Um das Ganze zu retten, muss ich sagen, dass das Messer sich aufgrund des ordentlichen Klingengewichts zum Zurichten größerer Schnitzwerke bestens (besser als ein Schnitzbeil) eignet und auch zum Holzspalten taugt, da hier das Messer mit einer Hand fixiert wird und Schwingungen wie beim Hacken nicht auftreten. Den Griff musste ich, da ich keine Pranken als Hände habe, mit viel Geduld, Fräsköpfen und Schleifpapier an meine Hände anpassen, was aber auch wunderbar gelang (aufpassen, dass die Scheide dann noch passt!). Die Nachbearbeitbarkeit des Griffes bei allen WoodJewel-Messern ist für mich ein Pluspunkt, so kann jeder bis zu einem gewissen Grad das Messer seinen Bedürfnissen anpassen.
Nun zum kleinen Messer: Hier schließt sich ein Kreis, denn es es ist genau das Schnitzmesser, das ich mir immer gewünscht habe. Es ist stabil wie die großen, hat aber eine schmalere Klinge und einen dementsprechend schmaleren, sehr gut in der Hand liegenden Griff. Vom Prinzip her könnte man es mit einem 7er oder 8er Opinel vergleichen, aber ohne die Angst, dass einem mal die Klinge wegricht. Die Rohform meiner kleineren Holzkuksas schnitze ich eigentlich nur noch mit diesem Messer, seit ich es habe. Kurioserweise verfügt dieses Messer auch wieder über Messingabschluss und einen durchgenieteten Erl, obwohl es in einem Set mit der Quasimachete kommt. Diese Art der Unterbringung von zwei Messern ist übrigens eine relativ neuzeitliche Erfindung, traditionellerweise wurde bei den Saami meines Wissens nach jedes Messer in einer eigenen Scheide untergebracht. Ich finde dieses Prinzip jedoch sehr angenehm und platzsparend.
Fazit: Die Messer der Firma WoodJewel sind in ihrer Ausfertigung wunderschön, zumal größtenteils natürliche Materialien (bis auf das Kytexinlay und die Maschinennaht der Scheide aus synthetischem Garn) verwendet werden, gerade für mich als Reenactor war dies ein wichtiges Anschaffungskriterium. Wer möchte schon auf einem historischen Markt oder Zeltlager mit Plastik hantieren? Es gibt eine breite Produktpalette und viele Anwendungsmöglichkeiten, jedoch kann man nicht unangefochten nach dem Motto "je größer, desto stabiler" argumentieren, da hier die einzelnen Qualitätsmerkmale der Messer genau betrachtet werden sollten. Wenn jemand noch das alte Full Tang-Modell des großen Leuku irgendwo entdeckt, sollte er oder sie zuschlagen, die neue Konstruktion hat mich nicht wirklich überzeugt. Ich bin mit der Marke an sich aber zufrieden und benutze die Messer sehr gerne, werde mir jedoch früher oder später auf Basis der großen Lauri-Klinge (Modell Huggarblad) ein eigenes Leuku bauen, das meinen Anforderungen an ein großes Haumesser auch gerecht wird, oder mir direkt eine entsprechende Klinge schmieden. Das Karhuleuku kann ich uneingeschränkt als Outdoormesser empfehlen, man kann damit Holz zerkleinern, Ruten für Zeltgestänge oder Feuerstellen schlagen, Dosen aufschneiden, Schnitzen, Leder schneiden, Bierflaschen öffnen, Gemüse schnippeln usw..... Das kleine Puukko ist super zum Schnitzen auch feinerer Arbeiten und wird meines Wissens auch separat angeboten. Alles in allem eine Messerreihe, die sowohl schön, als auch praxistauglich ist. Die Zweckmäßigkeit der einzelnen Modelle sollte jedoch beim Kauf bedacht werden, da der Hersteller dies bei den neueren Modellen offenbar nicht mehr getan hat. Auch sollte man die Messer nicht aufs Geratewohl im Internet bestellen, sondern sich einen Händler in Deutschland suchen, da aufgrund der verwendeten Naturmaterialien die Messergriffe gerade im Knaufbereich sehr unterschiedlich ausfallen können und man meistens nicht exakt das Messer erhält, das man sich angeschaut hat.
Ich hoffe, dieses kleine Review war für euch von Nutzen
Euer Daniel / Masurbjörk