Unabhängig von der Temperatur ist eigentlich das Dampfdruckgefälle zwischen kalter Zu- und warmer Abluft entscheidend. Dampfdruck ist die maximale Löslichkeit von z.B. Wasserdampf in der Luft bei unterschiedlichen Temperaturen. Je wärmer die Luft, um so mehr Wasser kann sie als Dampf lösen. Wärmt man z.B. im Winter die feucht-kalte Luft von draußen nach dem Lüften wieder auf Raumtemperatur auf, mutiert die eben noch neblige Außenluft zu staubtrockener Heizungsluft. Die nun drinnen aufgeheizt viel mehr Wasserdampf aufnehmen kann als eben noch draußen und deshalb auch ungebeten die Nasen- und Rachen-Schleimhäute "dörrt".
Wenn das noch frische Fleisch beim Dörren aber so langsam trocknet, daß die auf der Oberfläche verdunstete Feuchtigkeit aus dem Inneren ganz gemütlich nachströmen kann, während nur der Kern schleichend immer trockener wird, gammelt das unbehandelte Fleisch trotzdem ungehindert auf der Oberfläche an, weil's dort ja bis ganz zum Schluß so herrlich "frisch" für Mikro-Organismen bleibt. Und feuchte Wärme auf rohem Fleisch ist kein guter Start für gammelfreies Dörren. Luftgetrocknete Schinken werden auch deshalb vor dem Trocknen geräuchert.
Ohne aktive Heizung könnte ich mir's trotzdem vorstellen, solange nur genug "Heizungsluft" drumherum geblasen wird. Oder eben von selbst vorbeiströmt. Über einem einsam auf Dauerbetrieb bullernden Heizkörper oder direkt über einen Kachelofen gehängt kann das klappen. Auch über einen vom Sonnenlicht deutlich aufgeheizten Zuluft-Schacht, der ständig von unten neue Trockenluft in eine gut belüftete Dörrkammer fördert.
Dabei muß dann aber auch für ein Dampfdruck-Gefälle gesorgt werden, damit die beim Trocknen quasi verbrauchte Luft durch neue, draußen noch klamme Außenluft ersetzt werden kann. Die dann wieder für Innenraum-Verhältnisse staubtrocken am Dörrgut vorbeiströmt. Bei dieser Methode ist also fast schon übermäßiges Belüften des Dörrguts erfolgsentscheidend. Oder wenigstens ein ständig halboffenes Fenster in einem ungeheizten Raum am gegenüberliegenden Ende der Wohnung.
Beim Lufttrocknen sollte man auch deshalb wenigstens in der Startphase z.B. durch Abfönen dafür sorgen, daß die Fleischoberfläche nicht mehr von innen quasi nachgefeuchtet werden kann. Sobald sich nämlich auf der Oberfläche eine erste trocken unwirtliche Schicht gebildet hat, strömt die restliche Flüssigkeit im Dörrgut nur noch als Dampf aus und kann so kein feuchtwarmes Klima mehr auf der Oberfläche bilden.
Aus demselben Grund ist auch der feuchtwarme Niederschlag von Kondenswasser durch eine zeitweilig unterbrochene Dörrung nicht ganz ohne. Weil sich der feine Dunstfilm ja auch wieder in winzigen Tröpfchen auf dem nie wirklich keimfreien Fleisch niederschlägt und dort ein günstiges Klima für ungebetene Gäste schafft. Frei im Raum aufgehängt besteht da aber kaum Gefahr. Eher in einer mehr oder weniger geschlossenen und obendrein voll beladenen Dörrkammer.
Ich vermute heute, daß mir genau dieser Kondensationseffekt seinerzeit meine zweite frostig im Freien gedörrte Ladung Rindfleisch geschmacklich so verdorben hat. Da hat's nämlich in der Nacht für etwa vier Stunden die Dörrung unterbrochen und das Fleisch ist in den Wannen quasi "im eigenen Saft" von ca. +40°C auf knapp unter Null ganz langsam ausgekühlt. War deshalb zwar nicht gleich schlechtgeworden, wurde aber so ähnlich wie Zwergenbrot für gefühlt ewige Zeiten im geruchsdicht verschlossenen Glas-Behälter quasi "haltbar" gemacht...