Kleiner Schmeichler - ein Messer entsteht

  • Als ich mit dem Messermachen aus Federstahl und der Selbsthärterei anfing, habe ich noch in einer metallverarbeitenden Firma gearbeitet und konnte die Härte meiner Klingen in Rockwell messen. Üblicherweise kamen immer zwischen 56 und 58 HRC heraus, was für die mir unbekannte Federstahlsorte eine recht ordentliche Härte ist.


    Das Härten von Messerklingen im Heimwerkerstil


    Auch die subjektive Schnitthaltigkeit ist immer einwandfrei gewesen.


    Du, realtree hast einen ähnlichen Stil verwendet, außer dass ich das mit dem Eis nicht gemacht habe und mit 200°C angelassen habe.
    Federstahl ist beim Härten sehr gutmütig und verzeiht einige Temperaturschwankungen. Deine Klingen sollten ok sein.


    Ich gebe aber jackknife darin recht, dass die Oberflächen danach z.T sehr stark verzundert sind und manchmal auch Bereiche haben, die auf ein paar Zehntel mm Tiefe regelrecht entkohlt sind. Das sieht man an metallischen Blasen auf der Oberfläche, die rausgeschliffen werden müssen.


    LG Parzival :bcplove

  • Nachdem ich die Klinge gestern nach dem ersten Anlassen (1h bei 150°C) und abschrecken mit Wasser nochmals einer Trockeneis Kur (ca. 1h) unterzogen haben, ging es für weitere 2 Stunden in den Backofen, diesmal mit 180° C. Danach einfach abkühlen lassen.


    Die Klinge war weder gebrochen, noch verzogen oder krumm, aber stark verzundert. Mit einem 240er Schleifpapier ging das aber gut runter und nach dem Polieren erstrahlte sie wieder im alten Glanz.


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    Danach habe ich auf der Nassschleifmaschine eine erste Schneide im 40°Winkel erstellt und am Leder abgezogen. Nun ist es schon ein richtige Klinge die problemlos ein A4 Blatt in Streifen Schneiden kann. Hier ein paar Impressionen.


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    Meine selektive Härtung ist - visuell zumindest - nicht sichtbar geworden. Möglicherweise habe ich die Schicht zuwenig dick aufgetragen. Vielleicht sieht man sie ohne Behandlung auch einfach nicht.


    Das Teil wiegt nun 82g, hat eine Klingenlänge von ca 7.5cm und eine Gesamtlänge von ca. 16cm.

  • Endlich hatte ich wiedermal Zeit, um an meinem Messer zu arbeiten. Ich hatte noch ein Stück Wenge Holz übrig, welches mal als Distanzhalter bei einer Holzlieferung (Bootsbauerfirma) diente. Hierzu Abfallholz zu verwenden macht mir doppelt Spass.


    Wikipedia: Die Wenge (Millettia laurentii) ist eine Pflanzenart in der Unterfamilie der Schmetterlingsblütler (Faboideae) innerhalb der Familie der Hülsenfrüchtler (Fabaceae). In den Heimatländern werden die Trivialnamen Palissandre du Congo, Awong und Mundambi verwendet. Die Wenge ist im tropischen Regenwald von Kamerun, der Republik Kongo, der DR Kongo, Äquatorial-Guinea und Gabun beheimatet.


    Es ist grobfaserig, hart, schwer, elastisch und witterungsfest - also ideal für einen Messergriff. Zuerst verleimte ich (Araldite Zweikomponentenkleber) die erste Seite, lies es 24h trocken, führte zwei 8-mm sowie eine 6-mm-Bohrung durch - von der Klingenseite her. Danach verklebte ich die zweite Seite (wieder eine Trocknungsphase) und führte - diesmal von der Holzseite - die drei weiteren Bohrungen durch.


    Der Plan ist in die 8-mm-Löcher 2 Chromstahlröhrchen einzuleimen, bzw. das noch eckige Holz zu einem angenehmen Griff zu schleifen - mal schauen. Aber hier mal die Bilder von den weiteren Arbeitsschritten.


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  • Sieh sehr schick aus das gute Stück!
    Hast dir bei der Wärmebehandlung ja richtig was einfallen lassen; Mit Trockeneis! Hut ab!


    Zu der nicht sichtbaren Härtelinie kann ich dir sagen das man die bei rostfreien Stählen normal nicht sehen kann.
    Meine Erfahrung ist dass man die Härtelinie um so besser erkennt um so weniger Legierungsbestandteile, insbesondere Chrom
    im verwendeten Stahl sind. Ich habe z.B. schon einige Messer aus Feilen geschmiedet bei denen man die Härtelinie gut erkennt.
    Der da verwendete Stahl enthält neben Kohlenstoff nur ganz geringe Mengen an Chrom und Mangan.
    Kugellagerstahl ist auch noch niedriglegiert und rostend, hat aber schon 1-1,6% Chrom. Dass ist nicht viel aber die Härtelinie ist da schon kaum noch sichtbar zu machen. Von alleine wird die auch nicht sichtbar, da gibt es zwei möglichkeiten- Entweder du machst es wie die Japaner und polierst das Ding bis ca. 10000er Körnung was SEHR zeitaufwendig ist. Oder so wie ich es für weitaus sinnvoller halte- Du Polierst bis 1000 oder 1200er Körnung und tust die Klinge dann für einpaar Minuten ätzen. Dabei hat sich Zitronensäure bewährt.

    Kleiner Tipp am Rande trag den Lehm nicht so dicht an der Schneide auf die Härtelinie läuft nicht immer genau da lang wo der Lehm gewesen
    ist. Nachher hast du weiche Stellen in der Schneide, ist mir auch schon passiert und ist verdammt ärgerlich. Hast du schon getestet ob alles
    gleichmäßig hart ist ??

  • Unabhängig davon, wie das Ergebnis sein wird, muß ich sagen, daß dies wirklich ein ganz toller Beitrag ist! Ich finde es super, daß Du uns an Deinen Arbeitsschritten teilhaben läßt und einfach mal etwas ausprobierst!
    Echt Supergeil!


    Gruß


    Lars

  • So, nach einer weiteren Session in der Werkstatt sieht das Teil ja schon ganz gut aus. Wie angedacht habe ich den Griff runtergeschliffen, eine Grundform gegeben und zwei Chromstahlröhrchen in die 8-mm Löcher verklebt. Nach einer Trocknungsphase über Nacht habe ich diese plan geschliffen und mit einem konischen Fräser kurz bearbeitet. Dasselbe habe ich mit dem Loch für das Lanyard gemacht. Weiter geht es nun mit schleifen, Leimspuren etc. entfernen, ölen und polieren.


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    Das Gewicht ist nun bei 96g, hat eine Klingenlänge von ca 8cm (geschliffener Teil), eine Gesamtlänge von ca. 16cm und eine Klingenstärke von 3mm verjüngend zu Spitze hin. Die Klinge ist am höchsten oder breitesten Ort 2.7cm gemessen.

  • Mit diesen Bildern schliesse ich meinen Thread. Das Messer ist nun eingeölt, poliert und geschärft. Ob ich dafür eine Lederscheide oder eine aus Kydex anfertige ist noch offen - zurzeit will ich lieber raus als in die Werkstatt. Auch möchte ich mich bei allen für die z. T. äusserst wertvollen und nützlichen Tipps bedanken. Selbst etwas herzustellen, verschafft mir immer ein gutes Gefühl. Speziell, wenn es um einen treuen Begleiter des Menschen geht - das Messer.


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  • Super trifft voll meinen Geschmack! Besonders das Stück Wengeholz mit den zwei verschiedenen Farbtönen ist echt klasse.
    Glaub mir auch wenn das Messer nicht so eksakt geschliffen oder so gut gehärtet ist , wie bei einem industriell gefertigten,oder der Stahl vielleicht nicht der aller tollste ist - Die Tatsache dass man von Anfang bis Ende alles selber gemacht hat lässt einen am ende viel mehr Freude an sowas haben als am besten oder teuersten Produkt von der Stange. Ich bin ja ein eher unspiritueller , praxisbezogener Mensch aber solche Sachen strahlen einfach eine gewisse "Seele" aus.

  • Wenn ich das könnte wäre ich stolz wie Bolle!


    Vielen dank für die Blumen. Der Sinn dieser Anleitung war aber nicht aufzuzeigen, was für ein toller Messermacher ich bin - was ich ja auch gar nicht bin - sondern dass eben jeder mit ein paar wenigen Werkzeugen sich selber sein Traummesser erarbeiten kann.


    Kein Thema, ohne Bandschleifer und Winkelschleifer wird man länger in der Schleifphase sein und mit einer wassergekühlten Schleifmaschine geht es einfacher eine mehr oder weniger gerade Schneide zu bekommen. Aber alle Arbeitsschritte sind mit ein wenig Improvisation und handwerklichem Geschick in der kleinen Heimwerkstatt, im Hobbyraum oder auch in einer Freizeitanlage mit Werkstatt durchführbar. Ein guter Einstieg ist sicher auch die Grifffertigung bei einer Fertigklinge, welche hier auch schon beschrieben wurde. So wünsche ich allen Interessierten erfolgreiches und unfallfreies Werken.

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