Hey Folks,
Ich habe vor einiger Weile mal eine Klinge wiedergefunden die ich vor Urzeiten mal bestellt hatte: http://www.nordisches-handwerk…rid,26,produktdetail.html Da ich noch etwas Bastelholz und Leder hier herumliegen hatte, habe ich mich dazu entschlossen endlich mal ein Messer draus zu machen.
Wildipuukko von wildhog9910 auf Flickr
Ganz so wie ich es mir vorgestellt hatte funktionierte es zwar nicht, aber unterm Strich bin ich mit dem Endergebnis mehr als zufrieden und das zählt Der Griff sollte ursprünglich nur aus Kirschholz und Leder bestehen. Dazu habe ich zunächst Brandsohlleder in schmale Rechtecke geschnitten und dieses in warmem Wasser eingeweicht. Die Stücke habe ich aufeinandergestapelt und im feuchten Zustand in die Bankzange der Werkbank eingespannt. Auf diese Weise habe ich das Leder etwa 1 Woche trocknen lassen. Der Hintergrund ist folgender: Das Leder ist im Eichenlohverfahren hergestellt, wenn man es wässert, wird es anschließend recht stabil und hart und weniger elastisch.
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In der Zwischenzeit habe ich aus einer 4 mm dicken Bronzeplatte die Zwinge herausgearbeitet. Zuerst werden Löcher gebohrt und anschließend mit einem Hartmetallmeißel und Schlüsselfeilen die Form ausgefeilt. Hier kommt einem entgegen wenn der Erl des Messers sehr dick und glatt ist, da die nordischen Messer jedoch eher dünn und die Erle schmiederoh sind, bekommt man als Laie hier schonmal Probleme. Meine Zwinge passt, es ist jedoch leider eine kleine "Unwucht" im Schlitzmaß drin. Mich störts nicht und man kann solche Nachlässigkeiten später mit Epoxidkleber auffüllen.
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Ursprünglich wollte ich das Messer vernieten und die Lederscheiben genau in der Mitte positionieren. Ich entschied mich jedoch während des Baus dazu, den Lederabschnitt etwas nach vorn zu versetzen und den Erl im Griff zu verkleben. Dazu habe ich den Erl etwas gekürzt und mit einer Eisensäge und einer groben Feile angerauht, um dem Epoxidkleber mehr Halt zu geben. Die Oberseite der Zwinge muss vorher bearbeitet werden, nachdem das Messer montiert ist, wird das sonst schwierig. Ich habe diesmal das Metall auf 600er Körnung angeschliffen um einen matten Look zu erhalten. Ich habe mal eine Zwinge poliert, aber die Bronze die ich habe mattet im Gebrauch eh schnell nach.
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Für die hözernen Griffteile habe ich Kirschholz verwendet. Dieses wird einfach auf das grobe Maß gebracht und ein Schlitz für den Erl herausgearbeitet. Wenn man die Klinge nicht vernietet, sollte man beim Endstück freilich darauf achten, das Sackloch nicht so tief auszuführen dass man es später beim fertigschleifen von "hinten" öffnet Zum Verkleben benutze ich UHU 300 endfest, da man es recht lang verarbeiten kann (etwa 90 Minuten). Ich habe am Vortag bereits die Zwinge und ein Stück schwarzes Vulkanfiber als Kontrast auf der Klinge verklebt, damit man bei den Lederscheiben besser arbeiten kann. Diese werden dünn mit Epoxy bestrichen und Stück für Stück auf den Erl geschoben. Dabei unbedingt darauf achten dass die Stücke GERADE aufliegen! Sonst gibts später beim Abschluss Probleme. Zum Schluss kam noch eine Lage Vulkanfiber und dann das Endstück aus Kirschholz. Die ganze Konstruktion habe ich dann in der Bankzange zum Aushärten eingespannt.
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Nun kam der erste AAAARGH GRMPPFL :motz:motz:motz -Moment: Das Endstück war nicht festgeworden, wahrscheinlich wars dem Kleber in der Garage zu kalt. Im Nachhinein ein Glücksfall... Leder und Zwinge waren bombenfest, für den Griffabschluss habe ich dann ein Stückchen Birnenholz mit liegenden Jahresringen genommen. Nachdem ich den Erl nochmal abgeschliffen habe (auf Fettfreiheit achten!) habe ich das Messer in eine Schraubzwinge eingespannt und auf die Heizung gelegt. Je wärmer der Epoxy aushärtet, um so belastbarer wird er.
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Dieses mal wurde der Belastungstest einwandfrei bestanden
Als nächstes habe ich die Klinge abgeklebt und den Griff grob in Kontur gefeilt:
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Hier ist es immer hilfreich eine Zeichnung und/oder Griffschablone parat zu haben, man kann sich auch gut an vorhandenen Messern orientieren. Anfänger neigen dazu, den Griff zu dick zu lassen, man darf ruhig großzügig wegnehmen, solange die Außenkonturen passen. Wenn die Außenkonturen fertig ausgeschliffen sind, gehts ans Ausrunden des Griffs. Hierfür nehme ich eine Raspel. Die Feinarbeit übernimmt später Schleifpapier verschiedener Körnung. Zum Schluss habe ich Holz, Leder und Bronze auf 600er Körnung heruntergeschliffen.
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Nun wird der Griff angefeuchtet (im Zweifel mit Spucke) und wieder trocknen gelassen. Hierbei richten sich die Holzfasern auf, die man vorsichtig mit Stahlwolle oder feinem Schleifpapier entfernt. Diesen Vorgang wiederholt man so lange, bis der Griff wirklich glatt bleibt.
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Nach dem Fertigschliff, habe ich das Messer für 2 Tage in eine 50:50-Mischung aus Balsamterpentin und Leinöl gestellt, damit der Griff sich schön vollsaugen kann. Beim Trocknen verdunstet der Verdünner und das Öl verbleibt im Holz. Ich benutze gerne "Linolja", es härtet recht schnell aus. Leinöl aus dem Baumarkt braucht schonmal ewig um zu trocknen.
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Wenn der Messergriff trocken ist, kann man sich an die Lederscheide begeben. Ich wollte eine klassische nordische Scheide mit Rückennaht, eine solche hab ich zum ersten Mal gemacht, weswegen es auch hier nicht ganz ohne Tücken von Statten ging. Die Scheide erhält einen Scheidenschutz aus Kunststoff. Zunächst überträgt man die Maße des Messers auf ein Stück Papier. Dazu benutze ich ein Stück Lederstreifen:
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Und hier habe ich auch schon nicht nachgedacht: Ich habe das schmaler werdende Griffende auch in den Maßen übertragen, mit dem Ergebnis dass ich später beim Zusammennähen der Scheide das Messer nicht mehr aus der Scheide bekam, klassischer Anfängerfehler... Doofer doofer Wildhog Gut dass ich mir genug "Spielraum" gelassen hatte, so konnte ich die Scheide noch ohne Probleme etwas kürzen. Die Papierschablone wird ausgeschnitten und auf das Leder übertragen. Auch hier habe ich wieder Eichenlohgegerbtes Brandsohlleder verwendet. Es ist zwar nicht so dick wie klassisches "Messerscheidenleder", aber dass muss es aufgrund des Scheidenschutzes auch nicht sein. Zudem kann man bei zu dickem Leder eine Rückennaht vergessen, dickes Leder lässt sich auch nicht gut um schmale Radien herumlegen ohne dass ein klein wenig Spiel verbleibt. Die Scheidenspitze wird etwas ausgeschärft:
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Dann habe ich das Messer in Frischhaltefolie verpackt und in den Scheidenschutz geschoben. Die Klinge ist aus C-Stahl und würde sonst rosten, die Gerbstoffe des feuchten Leders könnten die Holzfarbe verändern. Das Leder wird ein Weilchen im warmem Wasser eingeweicht, ab jetzt bitte auf Fingernägel und Dreck auf der Arbeitsfläche achten!!! Das bekommt man später aus der Lederoberfläche nicht mehr heraus!! Das feuchte Leder wird um das Messer herum modelliert, dabei bricht man sich bisweilen die Finger. Die spätere Naht wird mit Klemmzangen fixiert. Es ist zwingend erforderlich, dass zwischen Messer und Leder kein Spielraum verbleibt! Der Scheidenschutz wird oben fest ins Leder gedrückt, er hält später allein dadurch, ein Einkleben ist nicht erforderlich. Dann lässt man die Scheide über Nacht trocknen. Bitte nicht auf der Heizung! Das könnte je nach Gerbart hässliche Trockenstreifen hinterlassen!
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Nach dem Entfernen der Zwingen wird die spätere Nahtlinie mit einem Falzbein etwas in Form gebracht, man kann die Nahtlinie auch prima mit dem Schraubenzieher vom Taschenmesser markieren. Mit einem Stichrädchen (hier benutze ich ein normales Kopierrädchen aus dem Stoffladen) wird die Naht markiert. Anschließend wird jede Lederseite einzeln mit der Ahle vorgestochen. Hilfreich ist es, wenn man das Leder an dieser Stelle ETWAS feucht hält, durch trockenes Leder zu nähen ist mit dieser Methode schwieriger.
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Die Nahtkante wird später mit einem scharfen Messer abgeschnitten. Man kann sie dann mit einem Falzbein polieren oder aber kurz geradeschleifen. Ich nehm immer Spucke und Falzbein, das gibt eine schöne glatte Oberfläche. In das "Fähnchen" oben kommt noch ein Loch für den D-Ring.
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Die Gürtelschlaufe hab ich aus dem gleichen Leder gemacht, zunächst wird der D-Ring vorsichtig aufgebogen und an der Scheide befestigt. Anschließend biegt man ihn zurück und näht die Schlaufe drumherum. Es gibt da verschiedene Qualitäten, nehmt möglichst nicht die ganz billigen und dünnen Ringe! Die lassen sich von Hand biegen und sind nicht daher nicht sehr stabil. Messing und Kupfer geben je nach Ledersorte in Verbindung mit Lederfett Grünspan, daher habe ich einen vernickelten Ring genommen.
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Ist die Scheide fertig genäht, kann man sie noch etwas verzieren. Wer sie punzieren will, sollte das vorher, also vor dem Vernähen tun. Aber kleinere Muster lassen sich auch später noch anbringen, so wie die schmalen Zierlinien in diesem Fall. Die Lederoberfläche wird mit einem Schwamm angefeuchtet. Nun kann man mit einem kleinen Modelliereisen oder mit der Rückseite einer Messerklinge vorsichtig Linien einprägen. Bitte aufpassen dass Ihr nicht abrutscht! Ab jetzt verzeiht das Leder Fehler nicht mehr Die Linien werden mehrfach und fest eingedrückt damit sie dauerhaft sichtbar bleiben.
Nachdem die Scheide endgültig getrocknet ist, habe ich sie satt mit Leinöl eingestrichen. Zum einen erhält man dadurch eine Art "Antikfinish" ohne dass man chemische Beize benutzen muss, zum Anderen sorgt das Öl dafür dass das Leder geschmeidig und gleichzeitig standhaft bleibt. In den nächsten Wochen werde ich die Messerscheide immer wieder mit Stiefelfett behandeln, dadurch wird sie endgültig wasserdicht und bekommt eine tolle Patina.
Und hier das vorläufige amtliche Endergebnis:
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Viel Spaß beim Nachbauen