Versuche mit San Mai Stählen mit VA Stahl Außenlage / Feuerverschweißen ohne Flussmittel
Seid gegrüßt! Hinter der etwas sperrigen Überschrift verbergen sich meine ersten Versuche mit Mehrlagenstahl.
Es folgt eine kleine Erläuterung.
Punkt I - Was ist San Mai? San Mai bedeute auf japanisch drei Lagen und ist eine gängige Bezeichnung für Klingenstähle welche, aus drei Lagen Stahl zusammengesetzt sind, obgleich auch alle anderen Kulturen die in die höheren Riegen der Metallverarbeitung aufgestiegen sind Mehrlagenstähle hergestellt haben.
Punkt II - Wozu dient San Mai Stahl? Dazu gibt es drei Gründe. Zum einen der wahrscheinlich älteste Aspekt - Wirtschaftlichkeit. Bevor man Stahl von hoher Güte industriell herstellen konnte, war das erzeugen von brauchbarem Werkzeugstahl unglaublich aufwendig und somit sehr teuer. Bezogen auf eine Klinge bedeutet dies, dass der gute härtbare Stahl nur für die Mittlere, also die Schneidlage, verwendet wird. Für die Seiten der Klinge kann billigeres Material verwendet werden.
Der zweite Grund ist technischer Natur. Man Kann einen extrem harten aber somit auch bruchanfälligen Stahl als Schneidlage verwenden welcher von zwei eher zäh- elastischen Stählen "gestützt" wird. Somit erhält man eine Klinge mit einer sehr verschleißfesten Schneide welche immer noch eine gewisse Flexibilität aufweist.
Das Ganze hat aber seine Grenzen. Eine solche Klinge bricht bei Überlastung vielleicht nicht, aber es werden dennoch große Stücke aus der Schneide absplittern.
Der letzte und heute wahrscheinlich verbreitetste Grund ist die auffällige Optik solcher Klingen. Auch meine hier gezeigten Klingen sind ohne technischen Mehrwert konzipiert. Ich wollte einfach nur etwas experimentieren und mein Skill-Level beim schmieden etwas aufpolieren.
Punkt III - Warum San Mai Stahl mit VA Stahl Lagen? Normalerweise verwendet man, um beim feuerverschweißen ein kontrastreiches Muster zu erzeugen, Stähle welche möglichst wenig Chrom beinhalten. Für die hell zeichnenden Lagen verwendet man typischerweise nickellegierte Stähle wie 75Ni8. Für die dunklen Teile der Klinge kommen alle C Stähle in Betracht welche nicht oder nur sehr gering legiert sind. Der Grund dafür ist wiederum, dass heute Borax als Flussmittel beim feuerverschweißen benutzt wird. Feuerverschweißen mit Borax ist der gebräuchlichste und sicherste Weg Stähle im Schmiedefeuer zusammenzuschweißen.
Das Problem beim Feuerverschweißen ist, dass Sauerstoff an den Stahl gelangt und dieser somit Oxidiert. Die Oxidschicht verhindert dass sich die Stahlteile verbinden. Borax und andere Hilfsmittel schmelzen auf dem heißen Stahl, dringen in die Zwischenräume ein, bilden eine Schutzschicht und verhindern somit, dass Sauerstoff an die zu verschweißenden Oberflächen gelangt. Des weiteren ist Borax in der Lage schon entstandene Oxide zu lösen. Beim zusammen hämmern der Bauteile wird das flüssige Borax mit den gelösten Oxiden herausgequetscht und die Stahlteile können sich ungehindert verbinden. Die Oxide von Chrom, Silizium und Wolfram lassen sich mit Borax allerdings nur schlecht lösen weswegen sich Stähle mit diesen Legierungsbestandteilen nur schlecht, oder je nach Menge der Legierung gar nicht Feuerschweißen lassen.
Das dumme an Borax ist nun, dass ich es nicht habe und es auch ohne Gewerbeschein nicht bestellen kann. Borax ist irgendwann unter eine Versandbeschränkung für Chemikalien gefallen welche verhindern soll, dass Leute zuhause Bomben bauen. Obwohl Borax für solche Zwecke untauglich ist.
Ich könnte in der Apotheke nachfragen ob die mir sowas bestellen können; Habe ich aber noch nicht versucht.
Außer dem hatte ich einiges an VA Stahlblechen rumliegen die ich mal für lau bekommen habe. 75Ni8 hätte ich erst teuer kaufen müssen und zum reinen experimentieren war mir das zu kostspielig.
VA Stahl ergibt natürlich durch den hohen Chromgehalt beim ätzen einen super Kontrast zum C Stahl, lässt sich aber mit Borax unmöglich verschweißen.
Die Lösung ist eine Verschweißung unter Luftabschluss. Wie dies funktioniert und ob dieser extrem lange und nerdige Textabschnitt jemals endet seht ihr in den folgenden Bilder.
Als Ausgangsmaterial für den drei Lagen Stahl benötigt man drei Stücke Stahl. Dabei sollte man darauf achten, dass wenn man nicht härtbare Stähle wie VA verwendet, der Anteil des Härtbaren Materials deutlich überwiegt. Ansonsten hat man hinterher zwar eine harte Schneidkante aber die Klinge biegt sich wie Baustahl. Die Mittellage bildet hier ein Stahl mit der klangvollen Bezeichnung 72NiCrMo4-2 ein günstiger aber durchaus brauchbarer Stahl der seine Hauptverwendung in großen Gatter- und Kreissägeblättern findet.
Weil ich kein Flussmittel verwende ist es zwingend erforderlich die Kontaktflächen so gut es geht zu plan und sauber zu bekommen. Dafür werden die Teile geschliffen und mit Aceton gereinigt. Alles was hier an Schmutz oder Fett übrig bleibt, bleibt im Stahlpaket und kann die Verschweißung verhindern.
Nun kommt der Trick bei der Sache. Die drei Teile werden möglichst fest verpresst und die Seiten rundherum mit dem Schweißgerät zugeschweißt.
Das muss auch nicht schön werden; Aber es muss absolut luftdicht sein, damit sich wie oben beschrieben keine Oxide bilden können.
Das Paket wird anschließend auf Schweißtemperatur gebracht. Dazu erhitzt man es bis es kurz vorm verbrennen ist. Ein helles orange oder gelb sind hier die richtigen Glühfarben.
Wenn das Paket heiß genug ist wird es möglichst gleichmäßig zusammen gehämmert.
Ich habe das Paket dann auf eine brauchbare Dicke flach gehämmert.
Danach folgt der Moment der Wahrheit. Die Schweißnähte werden abgetrennt und...
... Es wirkt nach dem ersten anschleifen homogen. Das tut es aber fast immer. Wer auf Nummer sicher gehen will kann den Klotz hochkant schmieden.
Wenn sich dabei nichts löst ist die Verschweißung gut.
An den Enden sind kleine Delaminierungen zu erkennen. Auch an einer Seite waren kleine Fehlerstellen welche sich aber alle herausschleifen ließen.
Ich vermute die VA Bleche waren, vom schneiden auf der Tafelschere, an den Rändern leicht verzogen, wodurch diese nicht an allen Stellen hundert prozentig angelegen haben. Hier konnte etwas Luft oder Schmutz vom e- schweißen eindringen.
Ich habe das ganze gleich nochmal probiert und auch beim zweiten Durchgang zumindest genug Material für ein Messer herausbekommen. Ganz fehlerfrei war auch dieses Paket nicht... aber hej - Erstes mal San Mai Stahl und gleich mit rostfreiem Stahl und es hat gekappt.
Nach dem schleifen zeigt sich schon ein gewisser Effekt.
Um den Effekt zu verstärken habe ich die erste Klinge in Essigessenz geätzt, was einer Färbung der Klinge wie bei einer alten Gebrauchspatina an rostenden Messern entspricht. Dies war mir nicht genug, also habe ich die zweite Klinge mit Eisen3Chlorid behandelt. Was auch gut funktionieren soll um Stahl zu schwärzen, ist extrem starker löslicher Kaffee.
Wie ich Stunden und Tage damit verbringe auf Holz und Eisen herumzuschleifen ist, so denke ich, in den vorhergegangenen Beiträgen zur genüge beschrieben.
Also hier mal gleich das Resultat meiner Mühen.
Die kleine Hammerkatsche ging nicht raus sonst hätte ich den VA Stahl wegschleifen müssen. Stört mich aber nicht, ist eben Handarbeit.
Also ich bin eigentlich ein sehr selbstkritischer Mensch der mit seiner eigenen Arbeit selten zufrieden ist aber, dass mir das mit dem VA San Mai beim ersten Versuch gelungen ist - nochmal damit bin ich zufrieden. Wenn nicht sogar ein wenig stolz, wenn man bedenkt, dass ich mit einfachsten Mitteln arbeite.
Die Messer sind eine kleine Hommage an den nordisch- russischen Messerstil und an die russischen Youtubeschmiede die mich hierzu inspiriert haben.
Wenn ihr wirklich ausgefallene Schmiedearbeiten sehen wollt, dann guckt euch russische Youtubeclips an.
Im Anschluss habe ich noch Versuche mit fünf und sieben Lagen gemacht. Was ich davon retten konnte lade ich das nächste mal hoch bis dahin.